Der Prophet des Islam
von
Maulana Muhammad Ali
Ahmadiyya Anjuman IshaÔat Islam, Lahore,
USA
P.O. Box 3370, Dublin, Ohio, 43016, U.S.A.
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Ahmadiyya Anjuman IshaÔat
Islam, Lahore, USA
Erste Ausgabe — 1993
E-Book-Edition — 2011
†bersetzt von Petra
Fachinger
Neubearbeitung von Petra
M. Dawideit
AHMADIYYA
ANJUMAN ISHAÔAT ISLAM, LAHORE, U.S.A.
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ÒUnd wenn die BŸcher verbreitet sindÓ (81:10)
Wir freuen uns sehr, Maulana Muhammad AliÔs Der Prophet des Islam in diesem e-Book
Format zu prŠsentieren. Mit der steigenden PopularitŠt von elektronischen
LesegerŠten (so genannten âe-ReadernÔ) sind e-Books nach dem, was viele sagen,
ein bevorzugtes Mittel zum Lesen von Literatur geworden. Um die weltweit
anerkannten literarischen SchŠtze, die von Maulana Muhammad Ali und anderen
Autoren der Lahore Ahmadiyya verfasst wurden, auch weiterhin der allgemeinen
…ffentlichkeit zugŠnglich zu machen, haben wir es unternommen, e-Books unserer
Standardwerke zu generieren.
Dieses e-Book, Der
Prophet des Islam von Maulana Muhammad Ali, ist das Ergebnis dieser neuen
Unternehmung. ZusŠtzliche Titel, die in das e-Book-Format konvertiert wurden,
sind unter anderem die englische
†bersetzung und Kommentar des Heiligen Koran, Die Lehren des Islam, Mohammed
der Prophet, Die Geschichte der Propheten, das Handbuch der Hadithen, Das
frŸhe Kalifat, die Lebenden Gedanken des Propheten Mohammed und andere.
Samina Malik,
VizeprŠsidentin und Direktorin fŸr †bersetzung und Veršffentlichung,
Lahore Ahmadiyya Islamische Gesellschaft USA
Mai 2012, Dublin, Ohio
Ahmadiyya Anjuman IshaÔat Islam Lahore
Inc. (U.S.A.)
P.O. Box 3370, Dublin, Ohio, 43016 U.S.A.
Die Ahmadiyya Anjuman IshaÔat Islam
(Ahmadiyya Gesellschaft zur Verbreitung
des Islam), ansŠssig in Lahore, Pakistan, ist eine internationale
muslimische Organisation, die sich der PrŠsentation des Islams durch
literarische und missionarische Arbeit verschrieben hat. Seit ihrer GrŸndung im
Jahr 1914 hat sie eine Reihe
anerkannter Standardwerke zu allen Aspekten des Islam herausgebracht und
muslimische Missionen in vielen Teilen der Welt betrieben, darunter die ersten
islamischen Zentren Ÿberhaupt in England (in Woking) und Deutschland (in
Berlin). Die von der Anjuman herausgebrachte Literatur, die vorwiegend von
Maulana Muhammad Ali geschrieben wurde, stellt eine Forschungsarbeit hšchster
QualitŠt dar, die sich allein auf die Original-Quellen des Islam berufen. Sie
hat viele falschen Meinungen Ÿber die islamische Religion richtiggestellt und
hat weltweite Anerkennung fŸr ihre AuthentizitŠt, Gelehrtheit und dem Dienst am
Glauben erhalten.
In WeiterfŸhrung der Mission von Hadrat Mirza Ghulam
Ahmad, dem Mujaddid der Hidschra aus dem 14. Jahrhundert, mšchte die
Ahmadiyya Anjuman den ursprŸnglich liberalen, toleranten und rationalen Geist
des Islam wiederbeleben. Sie stellt den Islam als eine gro§e spirituelle Kraft
dar, die die moralische Reform der Menschheit bewirkt hat, und zeigt, dass
diese Religion niemals Zwang, also den Einsatz physischer Gewalt oder das
Streben nach politischer Macht zu ihrer UnterstŸtzung befŸrwortet hat.
Informationen, BŸcher und kostenlose Literatur
Ÿber den Islam kšnnen Sie erhalten, indem Sie sich an die folgende Anschrift
wenden: Ahmadiyya Anjuman IshaÔat Islam Lahore
(oder A.A.I.I.L.), Postfach 3370 Dublin, Ohio 43016,
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Der Prophet Mohammed wurde am 12. des Mondmonats RabiÕI im Jahre 571 der
christlichen Zeitrechnung geboren. Er stammte aus der edelsten Familie
Arabiens, den Kuraisch, die hšchstes Ansehen genossen, da sie HŸter des
Heiligen Hauses in Mekka, der Kaaba waren, des spirituellen Mittelpunkts ganz
Arabiens. Zur Zeit seiner Geburt war Arabien der Šrgsten Form von
Gštzenanbetung verfallen, die jemals in irgendeinem Land geherrscht hat. Die
Kaaba selbst war voller Gštzenbilder und jeder Haushalt hatte darŸber hinaus
seine eigenen Gštzen. Auch wurden unbehauene Steine, BŠume und Sandhaufen
angebetet. Wie Bosworth Smith bemerkt, waren die Araber trotz dieser ungeheuren
und tiefen Gštzenverehrung materialistisch. ÒEssen und TrinkenÓ, wie er sagt,
ist Òder epikureische Tenor der Mehrzahl der Gedichte, die uns Ÿberliefert
sind.Ó Es gab praktisch keinen Glauben an das Leben nach dem Tod und kein
VerantwortungsgefŸhl fŸr die eigenen Handlungen. Dagegen glaubten die Araber an
DŠmonen und Krankheiten wurden auf den Einfluss bšser Geister zurŸckgefŸhrt.
Unkenntnis herrschte unter den Reichen wie unter den Armen zu einem solchen
Ausma§, dass der Edelste der Menschen sich seiner Dummheit rŸhmen konnte. Es
gab keinen moralischen Kodex und das Laster griff um sich. Die sexuellen
Beziehungen waren locker. Obszšne Gedichte und Lieder wurden in šffentlichen
Versammlungen vorgetragen. Ehebruch blieb ungestraft und keinerlei moralische
Sanktionen waren damit verbunden. Prostitution hatte nichts Unehrenhaftes, so
dass MŠnner in angesehenen Positionen Bordelle unterhalten konnten. Frauen
waren in der ÒwŸrdelosesten Position, schlimmer als unter den Gesetzen Manus in
Hindustan.Ó[1]
Die Frau wurde lediglich als bewegliches Eigentum betrachtet. Statt irgendein
Recht auf Erbe und Besitz zu haben, machte ihre eigene Person Teil des ererbten
Vermšgens aus und der Erbe konnte mit ihr verfahren, wie er wollte, selbst wenn
ihm nichts daran lag, sie zur Frau zu nehmen. Es gab keine etablierte Regierung,
kein Gesetz im Land und Macht ging praktisch vor Recht. Die Araber gehšrten zu
einer einzigen Rasse und sprachen eine gemeinsame Sprache, und trotz dieser
Tatsache waren sie ein všllig zerstrittenes Volk. Ganze StŠmme und Familien
bekriegten sich gegenseitig unter den unbedeutendsten VorwŠnden. Die MŠchtigen
unter ihnen traten das Recht der Machtlosen mit F٤en, die keine
Wiedergutmachung fŸr den ihnen zugefŸgten Schaden erhielten. Witwen und Waisen
waren hilflos und Sklaven wurden Šu§erst grausam behandelt.
Aus diesem Volk wurde Mohammed geboren,
Halbwaise von Geburt an, verlor er dann auch noch als SechsjŠhriger seine
Mutter. Er stammte aus der edelsten Familie der Kuraisch. Doch wie seinen
Ÿbrigen Landsleuten hatte man ihm weder Lesen noch Schreiben beigebracht.
Einige Zeit lang hŸtete er Schafe, eine TŠtigkeit, auf die selbst die edelsten
Araber nicht herabsahen. In seiner Jugend war er allerdings hauptsŠchlich als
HŠndler tŠtig. Von Anfang an hob ihn sein ausgeprŠgter Sinn fŸr Moral aus der
Menge seiner Landsleute hervor. Im Heiligen Koran, der die zuverlŠssigste
Beschreibung des Lebens des Propheten erhŠlt, steht geschrieben, dass er sich Òdurch
die hšchste MoralÓ auszeichnete. [68:4] Er fŸhrte ein zurŸckgezogenes Leben und hatte nur solche MŠnner zu
Freunden, deren moralische Grš§e allseits anerkannt war. Seine Wahrheitsliebe
wird in klaren Worten bezeugt. [6:33] Seinen unerbittlichsten Gegnern wŠre es schwer gefallen, in den 40 Jahren,
die er vor seiner Gšttlichen Berufung unter ihnen verbrachte, auch nur einen
einzigen dunklen Fleck in seinem Charakter zu entdecken. [10:16] Bereits in seiner Jugend erwarb er sich
wegen seines makellosen und unverdorbenen Charakters und seiner Wahrheitsliebe
unter seinen Landsleuten den Beinamen Al-Amin,
der Getreue. Aufgewachsen in einem Land, in dem Gštzenverehrung die Grundlage
fŸr das tŠgliche Leben in der Gemeinde darstellte, hasste Mohammed den
Gštzendienst von Kindheit an, und wir berufen uns wiederum auf die AutoritŠt
des Heiligen Korans bezŸglich der Aussage, dass er sich niemals vor einem
Gštzenbild verneigt hat. [109:4] Selbst Sir William Muir bezeugt die Unbescholtenheit von Mohammeds
Charakter in der Jugend: ÒUnsere AutoritŠten stimmen alle darin Ÿberein, der
Jugend Mohammeds ein bescheidenes Betragen und eine sittliche IntegritŠt
zuzuschreiben, die selten sind unter der Bevšlkerung Mekkas.Ó Und weiter: ÒAusgestattet
mit einem feinen Verstand und einem subtilen Empfinden, zurŸckhaltend und nachdenklich,
lebte er zu einem hohen Ma§e ein introvertiertes Leben, und die ErwŠgungen
seines Herzens fŸllten seine Mu§estunden, die anders veranlagte junge MŠnner
mit eitlen Belustigungen und Ausschweifungen zubrachten.Ó Der ehrliche
Charakter und das ehrenhafte Verhalten des zurŸckhaltenden Jungen gewannen den
Beifall seiner MitbŸrger. Und mit allgemeiner Zustimmung erhielt er den
Beinamen Al-Amin, der Getreue.
Obwohl er in einer Stadt lebte, in der
Saufgelage an der Tagesordnung waren, berŸhrte kein Tropfen Wein jemals seine
Lippen. Selbst Abu Bakr, der engste Freund des jugendlichen Mohammed, hat
niemals Wein probiert. Die Gesellschaft von Mekka hatte Vorlieben fŸr das
GlŸcksspiel, doch Mohammed beteiligte sich niemals an solchem Zeitvertreib. Er
lebte in einem Volk, das ebenso sŸchtig nach Krieg war wie nach Wein. Und doch
fand er weder Gefallen an dem einen noch an dem anderen.
Um noch einmal Muir zu zitieren: ÒObwohl
er jetzt fast zwanzig Jahre alt war, hatte er keinen Hang zum Kriegshandwerk
entwickelt.Ó Notgedrungen musste er einmal an dem berŸhmten, frevelhaften Krieg
teilnehmen, der vier Jahre lang zwischen den Kuraisch und den Hawazin
herrschte. Er sammelte jedoch lediglich die vom Feind abgeschossenen Pfeile ein
und reichte sie an seine Onkel weiter. Er widmete sich dem Handel auch nicht
aus Liebe zum Geld, sondern einfach aus RŸcksicht auf seinen Onkel Abu Talib,
dem er gern helfen wollte. So schreibt Muir: ÒMohammed war weder jemals
geldgierig noch hat er zu irgendeinem Zeitpunkt seines Lebens Energie darauf
verwandt, dem Reichtum um des Reichtums willen nachzujagen. HŠtte man ihn sich
selbst Ÿberlassen, hŠtte er wahrscheinlich die Stille und Ausgewogenheit seines
gegenwŠrtigen Lebens dem Tumult und den Vorbereitungsarbeiten einer
GeschŠftsreise vorgezogen. Er hŠtte nicht spontan eine solche Expedition in
ErwŠgung gezogen. Aber als der Vorschlag gemacht wurde, fŸhlte er mit seiner
gro§zŸgigen Seele sofort die Notwendigkeit, alles Mšgliche zu tun, seinen Onkel
zu entlasten, und er reagierte mit Freude auf die Aufforderung.Ó
Vor allen Dingen zeichnete sich sein
frŸheres Leben aus durch die seltene, und vor allem im Arabien dieser Zeit kaum
existierende Eigenschaft der Liebe zu den Armen, den Waisen, den Witwen, den
Schwachen, den Hilflosen und den Sklaven. Bevor er reich wurde, war er eines
der Gemeindemitglieder, die einen Eid schworen, den UnterdrŸckten beizustehen,
und die sich als FŸrsprecher derjenigen zusammenschlossen, die zu Schaden
gekommen waren. Als er mit fŸnfundzwanzig Jahren eine reiche Witwe, Chadidscha,
heiratete, half er den Armen gro§zŸgig. Es betrat kein Sklave den Haushalt, der
nicht von ihm freigesetzt worden war. Er hatte einen solchen Ruhm erworben, den
Armen zu helfen, dass, als nach seiner Berufung die Kuraisch ihn von Abu Talib
forderten, um ihn zu tšten, das alte Oberhaupt dies nicht zulie§, und ihn in
einem Gedicht pries als den ÒBeschŸtzer der Witwen und Waisen.Ó Zuvor, als
Mohammed berufen wurde und sich unsicher war, ob er die gro§artige Aufgabe,
seine Landsleute zu reformieren, durchfŸhren kšnne, tršstete ihn seine Frau Chadidscha,
indem sie ihm sagte, dass Gott ihn nicht dafŸr entehren wŸrde, dass er die Last
derer trage, die erschšpft seien, und den Armen helfe, und denjenigen
Erleichterung bringe, die verzweifelt seien, den Gast ehre, und seine
Mitmenschen liebe.[2]
Zu diesen gro§en Eigenschaften kam seine
Sorge um eine gefallene Menschheit. Der Koran bezieht sich wiederholt darauf.[3]
Im Laufe der Jahre bedrŸckten die massive Gštzenverehrung der Araber und ihre
Ÿblen Gewohnheiten sein Herz noch mehr und er verbrachte Stunden der Einsamkeit
in den Bergen in der nŠheren Umgebung. Noch etwas spŠter begab er sich tagelang
in einer Hšhle am Fu§ des Berges Hira und dort war es, wo das Gšttliche Licht
in seinem vollen Glanz auf ihn fiel. Zuerst zweifelte er daran, dass er fŠhig
sein wŸrde, die gro§e Aufgabe zu erfŸllen. Aber seine Besorgnis wurde bald
durch sein absolutes Vertrauen darin ersetzt, dass die Wahrheit am Ende
triumphieren werde. Er machte sich ans Werk mit einer Kraft, einem Willen und
einer resoluten Zielstrebigkeit, die von der erbittertsten Gegnerschaft ganz
Arabiens nicht erschŸttert werden konnte. Von Anfang an war seine Botschaft an
alle gerichtet, sowohl an den Araber als auch an den Nicht-Araber, an die Gštzenanbeter
als auch an die Juden, die Christen und die Magier. Auch war sie nicht auf die
Stadt Mekka beschrŠnkt, denn Mekka war das Zentrum, an dem MŠnner und Frauen
aus allen Teilen Arabiens jŠhrlich zu Tausenden zusammenkamen. Durch diese
Versammlung erreichte die Botschaft des Propheten die entlegensten Winkel
Arabiens. Seine Frau, Chadidscha, war der erste Mensch, der an ihn glaubte. Ihr
folgten andere, die entweder seine engsten Freunde oder nahe mit ihm verwandt
waren. Wie Muir bemerkt: ÒMohammeds Aufrichtigkeit wird dadurch untermauert,
dass die frŸhesten Konvertiten zum Islam nicht nur von redlichem Charakter
waren, sondern seine besten Freunde und Leute aus seinem Haushalt, die dadurch,
dass sie engstens mit seinem Privatleben vertraut waren, andernfalls die
WidersprŸche entdecken mussten, die immer zu einem gewissen Grad zwischen den
Beteuerungen des heuchlerischen BetrŸgers der Au§enwelt gegenŸber und seinen
Handlungen daheim bestehen.Ó
Seine ersten Offenbarungen legten
Nachdruck auf die gro§e Macht und Erhabenheit des Gšttlichen Wesens und die
Unvermeidbarkeit des JŸngsten Gerichts. Die Kuraisch spotteten zuerst,
behandelten ihn verŠchtlich und nannten ihn einen VerrŸckten. Desungeachtet
fuhr er fort, AnhŠnger zu zweien und dreien zu gewinnen, bis im Zeitraum von
vier Jahren ihre Zahl vierzig erreichte und die Verfolgung sich zuspitzte.
Zuerst wurden die Sklaven gefoltert. Bilal, ein Schwarzer von Geburt, schrie
unablŠssig ÒEins, einsÓ zum gro§en Erstaunen seiner Verfolger, als sie ihn auf
den brennenden Sand unter der arabischen Mittagssonne gelegt hatten. Aber das
Feuer der Verfolgung, war es erst entflammt, konnte nicht mehr eingedŠmmt
werden. Konvertiten von hoher Geburt wurden gezwungen, zusammen mit den Šrmeren
AnhŠngern zu leiden. Selbst der Prophet entging den Grausamkeiten seiner
Verfolger nicht. Die Muslime konnten sich nicht versammeln oder ihre Gebete auf
einem šffentlichen Platz sprechen. Und doch gewann Mohammed noch immer neue
AnhŠnger, und seine AnhŠnger wurden immer unerbittlicher bei der Verfolgung.
Das ging so weit, dass einige von den Šrmlicheren Konvertiten auf brutale Weise
getštet wurden. Den Propheten schmerzte der Anblick dieser brutalen Behandlung
unschuldiger MŠnner und Frauen sehr. Und trotz der Tatsache, dass er allein in
der Mitte seiner erbitterten Gegner ausharren mŸsste, riet er der kleinen
Gruppe seiner AnhŠnger, sich an einen sicheren Ort zu begeben. Elf MŠnner und
Frauen verlie§en Mekka im fŸnften Jahr nach der Hidschra und zogen nach
Abessinien. Dorthin verfolgte sie eine Abordnung von Gegnern, die den Herrscher
von Abessinien um ihre Auslieferung ersuchte. Der muslimische AnfŸhrer
prŠsentierte dem Kšnig das muslimische Anliegen folgenderma§en:
O Kšnig! Wir waren ein
unwissendes Volk, das dem Gštzendienst ergeben war. Wir pflegten selbst die
Leichen von Tieren, die eines natŸrlichen Todes gestorben waren, zu essen und
alle mšglichen unehrenhaften Dinge zu tun. Wir kamen den Verpflichtungen
unseren Verwandten gegenŸber nicht nach und wir behandelten unsere Nachbarn ungebŸhrlich.
Die Starken unter uns bereicherten sich auf Kosten der Schwachen, bis Allah
schlie§lich einen Propheten zu unserer Bekehrung berief. Seine Herkunft, seine
Rechtschaffenheit, seine IntegritŠt und seine Tugend sind uns wohl bekannt. Er
rief uns zur Verehrung Allahs auf und gebot uns, den Gštzendienst und das
Anbeten von Steinen aufzugeben. Er trug uns auf, stets die Wahrheit zu sagen,
wieder zuversichtlicher zu werden, uns um unsere Verwandten und Bekannten zu
kŸmmern, und unseren Nachbarn Gutes zu tun. Er lehrte uns, uns von allem
Unredlichen fernzuhalten und Blutvergie§en zu vermeiden. Er verbot alle
unanstŠndigen Dinge, das LŸgen und die Veruntreuung des Besitzes der Waisen. So
glaubten wir an ihn, folgten ihm und handelten seinen Lehren gemŠ§. Daraufhin
begann unser Volk uns zu misshandeln, uns Folterungen zu unterziehen, und
dachte, dass wir dadurch unserem Glauben abschwšren und zum Gštzendienst
zurŸckkehren wŸrden. Als jedoch seine Grausamkeiten das Ma§ Ÿberschritten,
kamen wir, um in deinem Land Asyl zu suchen.
Der Negus war tief gerŸhrt von diesem
Bekenntnis und von einer Vorlesung aus dem Heiligen Koran und weigerte sich,
die Muslime an die Feinde auszuliefern. Im darauf folgenden Jahr zogen mehr
Muslime nach Abessinien, bis die Gesamtzahl 101 erreichte, Kinder nicht mit
eingeschlossen. Die Kuraisch setzten alles daran, diese Emigrationswelle
einzudŠmmen; jedoch vergeblich. Bald erzŸrnten sie sich ma§los Ÿber den
Propheten und die kleine Gruppe von Muslimen, die mit ihm in Mekka zurŸckgeblieben
war. Da sie Abu Talib, das Oberhaupt der Haschemiten (der Familie des
Propheten), nicht Ÿberreden konnten, ihnen den Propheten auszuliefern, um
seinem Leben ein Ende zu machen, und auch den Propheten nicht verfŸhren
konnten, indem sie ihm Kšnigsherrschaft, Reichtum und Schšnheit anboten,
verbŸndeten sie sich schlie§lich und schlossen die Haschemiten und Muslime auf
engem Raum ein, wo sie drei Jahre lang Šu§erste Not erlitten und ihre
Handlungsfreiheit auf die Zeit der Pilgerfahrt beschrŠnkt war. Diese drei Jahre
waren die schlimmsten Leidensjahre der Muslime und der Islam machte wŠhrend
dieser Zeit nur wenige Fortschritte.
Als der Prophet schlie§lich aus dieser
Gefangenschaft freigelassen wurde, hatte er immer noch ebenso viel Vertrauen in
den Triumph der Wahrheit wie je zuvor, obwohl er auf allen Seiten
EnttŠuschungen hinnehmen musste. Da Mekka nun taub war fŸr sein Predigen,
wandte er sich anderswo hin. Dort stie§ er jedoch auf noch hŠrteren Boden als
in Mekka. Nach zehn Tagen in Taif verbot man ihm, noch lŠnger dort zu bleiben,
und als er sich auf den RŸckweg begab, bewarf man ihn mit Steinen. Dem
blutŸberstršmten Propheten wurde von seinen Verfolgern noch nicht einmal
erlaubt, sich auszuruhen, und er kehrte schlie§lich enttŠuscht und trauriger
als je zuvor nach Mekka zurŸck. Aber selbst wenn die Menschen nicht auf ihn
hšren wollten, so šffnete er Gott sein Herz, der allzeit bereit war, ihn
anzuhšren, und er betete zu ihm folgenderma§en, als er von Taif zurŸckkehrte:
O mein Gott! Dir klage
ich meine SchwŠche, meinen Mangel an Einfallsreichtum und meine
Bedeutungslosigkeit in den Augen der Menschen. Du bist der Barmherzigste der
Barmherzigen, du bist der Gott der Schwachen. Wem willst Du mich Ÿbergeben,
einem mitleidlosen Feind, der mir finstere und missgŸnstige Blicke zuwirft,
oder einem engen Freund, dem Du die Kontrolle Ÿber meine Aufgabe gegeben hast?
Nicht im Geringsten mache ich mir irgendwelche Gedanken darum, au§er dass ich
Deinen Schutz habe. Im Licht Deines Angesichts suche ich Zuflucht, im Licht,
das den Himmel erleuchtet und alle Dunkelheit zerstreut, und das alles Irdische
wie auch alles im Jenseits lenkt. Mšge es niemals geschehen, dass ich mir
Deinen Zorn zuziehe, oder dass ich Dein Misstrauen errege. Es gibt keine Kraft
und keine Macht au§er der Deinen.
Er fŸhlt, dass niemand seiner Botschaft
Gehšr schenkt, und doch ist sein Vertrauen auf die GŸte Gottes unerschŸtterlich
wie je. FŸr ihn ist Gott alles und die Opposition der ganzen Welt zŠhlt nicht.
Mit wunderbarer Ruhe erduldet er die grš§te MŸhsal, die er erleiden muss, da er
fŸr das Wohl gerade derjenigen Menschen kŠmpft, die sich daran erfreuen, ihn
den grausamsten Folterungen auszusetzen. All dies, so sagt er, ist unbedeutend,
solange er die Gunst Gottes genie§t. Welch festes Vertrauen auf Gott, welch
heitere Unterwerfung unter seinen hšchsten Willen, welch ungetrŸbte spirituelle
GlŸckseligkeit!
Drei weitere Jahre vergingen in Mekka
unter den beschwerlichsten Bedingungen. In der Zwischenzeit schlug der Islam
Wurzeln in Medina und verbreitete sich schnell. Als sich das dreizehnte Jahr
der Berufung dem Ende nahte, kamen fŸnfundsiebzig Muslime (einschlie§lich
zweier Frauen) von Medina, um eine Pilgerfahrt durchzufŸhren, schworen dem
Propheten Ergebenheit und versicherten, dass, falls er wŠhlen sollte, nach
Medina zu ziehen, sie ihn gegen seine Feinde beschŸtzen wŸrden wie ihre eigenen
Kinder und Frauen. Dann begann der Auszug der Muslime nach Medina. Der Prophet
entschloss sich, allein unter einem Feind zu bleiben, der immer verbitterter wurde,
denn der Prophet wollte seine AnhŠnger im neuen Zentrum in Sicherheit wissen.
Dies zeugt von der Tiefe seiner Liebe zu seinen AnhŠngern und seiner Sorge um
ihr Wohl. Er war mehr um ihre Sicherheit besorgt als um die eigene. Innerhalb
zweier Monate verlie§en ungefŠhr hundertfŸnfzig Muslime Mekka und es blieb nur
der Prophet mit zwei seiner engsten Freunde zurŸck. Nun war der psychologische
Augenblick fŸr seine Feinde gekommen, ihm den letzten Schlag zu versetzen.
Einzelne Versuche waren bisher unternommen worden, den Propheten zu tšten, aber
sie waren fehlgeschlagen. Falls der letzte Schlag nicht unmittelbar ausgefŸhrt
wŸrde, kšnnte der Prophet nach Medina fliehen und dem Zugriff der Feinde
entkommen. Eine gro§e Konferenz aller StŠmme wurde abgehalten und ein
endgŸltiger Entschluss gefasst. Es sollte ein junger Mann von jeder Sippe
ausgewŠhlt werden, und all diese sollten gleichzeitig Ÿber den Propheten
herfallen, so dass kein einzelner Stamm fŸr den Mord zur Rechenschaft gezogen
werden kšnnte. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde das Haus des Propheten von
diesen blutrŸnstigen jungen MŠnnern belagert. Der Prophet aber, der
unerschrocken fest an den Gšttlichen Schutz glaubte, kam unbemerkt an ihnen
vorbei. In der Dunkelheit der Nacht bahnte er sich mit nur einem Begleiter
einen Weg durch die Stra§en Mekkas bis zu den kahlen, zerklŸfteten HŸgeln
au§erhalb der Stadt, und sie fanden schlie§lich ein Versteck in einer Hšhle,
die unter dem Namen Thaur bekannt ist. Am Morgen bemerkten die Feinde, dass ihr
Plan fehlgeschlagen war, und sie durchsuchten den gesamten Landstrich. Eine
Gruppe nŠherte sich sogar dem Hšhleneingang. Abu Bakr konnte den Feind durch
eine Spalte an der Hšhlenšffnung sehen und begann sich zu fŸrchten. ÒSorge dich
nicht, denn Allah ist mit unsÓ, sagte der Prophet. Je hilfloser er wurde, desto
stŠrker wurde sein Vertrauen auf Gott. Und zweifelsohne rettete ihn eine
unsichtbare Macht sein ganzes Leben hindurch, jedes Mal wenn sich der Feind ihm
nŠherte. Nach drei Tagen machten sich der Prophet und sein Begleiter auf den
Weg nach Medina.
Nicht nur der Prophet allein ertrug
dreizehn Jahre lang alle schweren Heimsuchungen in Medina. Diejenigen, die ihn
anerkannten, ertrugen die Verfolgung ebenso gefasst. Das neue Leben, zu dem der
Prophet sie erweckt hatte, lie§ Sir William Muir in Worte des Lobes ausbrechen:
Die GlŠubigen ertrugen
die Verfolgungen mit Geduld und AusdauerÉ Hundert MŠnner und Frauen hatten ihre
Heimat verlassen und bis zum Ende des Verfolgungssturms Zuflucht im
abessinischen Exil gesucht statt ihrem unschŠtzbaren Glauben zu entsagen. Und
jetzt wiederum wanderte eine noch grš§ere Zahl zusammen mit dem Propheten
selbst aus der geliebten Stadt mit ihrem heiligen Tempel aus, der in ihren
Augen den heiligsten Ort auf Erden darstellte, um nach Medina zu fliehen. Dort
hatte dieselbe wunderbare Kraft fŸr sie innerhalb von zwei oder drei Jahren
eine Bruderschaft ins Leben gerufen, die bereit war, den Propheten und seine
AnhŠnger mit dem eigenen Blut zu verteidigen. Die Bevšlkerung Medinas hatte
seit lŠngerer Zeit viel vom jŸdischen Glauben vernommen; aber erst als sie die
seelenbewegenden Worte des arabischen Propheten hšrten, erwachten sie aus ihrem
Schlummer und fanden plštzlich den Weg zu einem neuen und aufrichtigen Leben.
Der Prophet erreichte Medina am zwšlften RabiÕI,
was dem 28. Juni 622 christlicher Zeitrechnung entspricht. Zuallererst
errichtete er dort eine Moschee, die heute als die Moschee des Propheten
bekannt ist. Dort konnte man zum ersten Mal in der Geschichte des Islams in
Freiheit fŸnfmal am Tag seine Gebete an Gott richten. Als nŠchstes ging er
daran, eine Bruderschaft der Muslime zu grŸnden. Diejenigen, die von Mekka
geflohen waren, genannt Muhajir (FlŸchtlinge), hatten ihren gesamten Besitz
zurŸckgelassen. So wurde jeder FlŸchtling in einem bruderschaftlichen Bund mit
einem der Bewohner Medinas, die Ansarn (Helfer) genannt wurden, um ihnen eine
Unterkunft zu geben.
Die dritte wichtige Angelegenheit, der
sich der Prophet widmete, war die Schaffung freundlicher Beziehungen zwischen
den verschiedenen StŠmmen, die in Medina lebten. Dazu zŠhlten auch drei
jŸdische Sippen, und auch mit ihnen wurde ein Pakt geschlossen. Die Hauptpunkte
dieses Vertrags waren wie folgt: 1. Muslime und Juden sollen als ein Volk
leben. 2. Beide Parteien sollen an ihrem eigenen Glauben festhalten. 3. Im
Falle eines Krieges mit einer dritten Partei sollen sich die beiden gegenseitig
Hilfe leisten, falls die sich im Krieg befindliche Partei nicht der Angreifer
wŠre. 4. Im Falle eines Angriffs auf Medina sollen sich beide zur Verteidigung
zusammentun. 5. Friede soll in gegenseitiger Absprache geschlossen werden. 6. Medina
soll von beiden als heilig geachtet werden und alles Blutvergie§en innerhalb
der Stadt verboten sein. 7. Der Prophet soll in StreitfŠllen als Richter
fungieren. Dieses Abkommen mit den Juden zeigt, dass der Prophet ahnte, dass
die erzŸrnten Kuraisch, deren Versuch, ihn in Mekka zu tšten, vereitelt worden
war, jetzt Medina angreifen wŸrden.
Wir haben gesehen, dass, als die Muslime
nach Abessinien flohen, die Kuraisch alles darangesetzt hatten, sie von dort
vertreiben zu lassen. Wie sollten sie es ertragen kšnnen, so nah ihrer Heimat
den Islam in Medina, einer wichtigen Stadt nur 270 Meilen entfernt und an der
Handelsroute nach Syrien gelegen, gedeihen zu sehen? Es war Mohammed bereits
von Gott verkŸndet worden, dass er einen Krieg fŸhren mŸsse, um den Islam vor
der Ausrottung zu bewahren. Das Schwert werde gegen ihn erhoben und er werde
kŠmpfen mŸssen, um die kleine islamische Gemeinde vor der Vernichtung durch
einen mŠchtigen Feind zu retten, der entschlossen sei, den Islam auf arabischem
Boden mit der Wurzel auszurotten. Mohammeds Persšnlichkeit war dem Krieg nicht
zugetan; er hatte bis zu seinem fŸnfundzwanzigsten Lebensjahr nicht ein
einziges Mal das Schwert im Kampf gefŸhrt, und dies in einem Land, in dem
aufgrund des unablŠssigen Kampfes aller gegen alle das Kriegshandwerk zum Beruf
der Menschen geworden war. Die Religion, die er predigte, der Islam (wšrtlich
Friede oder Gottergebenheit) war eine Religion des Friedens, die die Bedeutung
des Gebets zu Gott und den Dienst an der Menschheit betonte. Und es war ihm
aufgetragen, diese Religion zu predigen; die Botschaft zu verkŸnden, aber sie
den Menschen nicht aufzuzwingen:
Die Wahrheit ist
von deinem Herrn; darum lasse den glauben, der glauben will, und lasse den
unglŠubig sein, der (unglŠubig sein) will. [18:29]
Wahrlich haben
Wir ihm (dem Menschen) den Weg gezeigt, er mag dankbar oder undankbar sein. [76:3]
Und noch einfacher ausgedrŸckt:
In der Religion
gibt es keinen Zwang. [2:256]
Aber der Krieg wurde ihm aufgezwungen und
es wurde ihm gesagt, es sei seine Pflicht, seine unterdrŸckte Gemeinde zu
verteidigen, die zweimal ihre Heimat wegen der Verfolgungen eines grausamen
Feindes fluchtartig verlassen musste, um sich in der Fremde niederzulassen:
Es ist
denjenigen, gegen die Krieg gefŸhrt wird, weil sie unterdrŸckt sind, erlaubt zu
kŠmpfen, und Allah ist bereit, ihnen zu helfen. [22:39]
Warum wurden sie aus ihrer Heimat
vertrieben? Warum wurde Krieg gegen sie gefŸhrt? Worin bestand ihr Vergehen?
Denen, die
ungerechterweise aus ihren HŠusern vertrieben wurden, nur weil sie sagen: Unser
Herr ist Allah. [22:40]
Allah zu preisen, zu sagen, dass Allah
unser Gott ist, uns vor Ihm zu verneigen, war ein Vergehen in diesem Land,
dessen Bestrafung darin bestand, diejenigen, die Gott verehrten und die Orte,
an denen sie ihm huldigten, zu zerstšren. So waren die MŠnner gezwungen, alle
GebetshŠuser, ob sie den Juden, den Christen oder ihrer eigenen Gemeinde gehšrten,
zu verteidigen:
Und hŠtte
Allah nicht einige Menschen mit der Hilfe anderer zurŸckgeschlagen, so wŠren
Klšster und Kirchen, Synagogen und Moscheen, in denen das GedŠchtnis Allahs am
meisten gepflegt wurde, sicherlich abgerissen worden. [22:40]
Diese drei Aussagen folgen aufeinander in
der Gšttlichen Offenbarung an den Propheten. In einer spŠteren Offenbarung
wurde ihm darŸber hinaus aufgetragen, er solle auf keinen Fall der Aggressor
sein. Nur in Verteidigung sei es ihm erlaubt, das Schwert zu fŸhren:
Und kŠmpfet
auf Allahs Weg gegen diejenigen, die gegen euch kŠmpfen, aber seid nicht die
Angreifer. Gewiss liebt Allah nicht die Angreifer. [2:190]
Es stand au§er Frage, jemanden mit Gewalt
zum Islam zu bekehren; es war der Feind, der die Muslime mit Gewalt vom
†bertreten zum Islam abhielt:
Und sie
werden nicht davon ablassen, euch zu bekŠmpfen, bis sie euch von eurer Religion
abgewandt haben, wenn sie es kšnnen. [2:217]
Die Religion war die Angelegenheit
zwischen Gott und seinen Dienern, und keiner hatte das Recht, jemanden zu
zwingen, eine bestimmte Religion anzunehmen. Und so musste der Prophet fŸr die
ehrenvolle Aufgabe kŠmpfen, den Menschen zu befreien:
Und bekŠmpft
sie, bis es keine Verfolgung mehr gibt; und die Religion ist nur fŸr Allah.
Aber wenn sie davon ablassen, dann soll nur gegen die UnterdrŸcker
Feindseligkeit herrschen. [2:193]
Wenn der Prophet aufgefordert war, dem
Kampf Einhalt zu gebieten, wenn der Feind aufhšren sollte, (Muslime) aus
ReligionsgrŸnden zu verfolgen, so war er ebenso dazu aufgefordert, das KŠmpfen
einzustellen, falls der Feind Frieden anbieten sollte, selbst wenn es ihm darum
ging, Zeit zur NeurŸstung zu gewinnen:
Und wenn sie
zum Frieden neigen, dann neige auch du dazu, und vertraue auf Allah. Gewiss ist
Er der Hšrende, der Wissende. Und wenn sie vorhaben, dich zu betrŸgen, dann reicht
dir Allah gewiss. [8:61, 62]
Allein unter diesen UmstŠnden und
Bedingungen war es dem Propheten erlaubt, zu kŠmpfen. Er hatte bisher nicht
einen einzigen Mann zum Kriegshandwerk ausgebildet; er hatte Ÿberhaupt keine
Armee. Er hatte eine kleine Gemeinde von AnhŠngern, die nur im Gebet geŸbt
waren, und selbst die konnten natŸrlich nicht zum Kampf gezwungen werden. Den
Krieg zu fŸhren, wenn es sein musste eigenhŠndig, war seine Pflicht:
KŠmpfe dann fŸr
Allah – du bist fŸr keinen verantwortlich au§er fŸr dich, und ermuntere die
GlŠubigen. Es mag sein, dass Allah das KŠmpfen der UnglŠubigen unterdrŸcken
wird. Und Allah ist mutiger an Heldenmut und stŠrker, exemplarische Strafe zu
erteilen. [4:84]
Kleinere Truppen von Kuraisch pflegten auf
PlŸnderungsexpeditionen zu gehen und das Land bis in die unmittelbare NŠhe von
Medina zu durchstreifen. Die Situation verlangte Wachsamkeit seitens des
Propheten. SpŠhtruppen wurden von ihm ausgesandt, um die Schritte des Feindes
im Auge zu behalten. Ferner nahm er mit bestimmten StŠmmen Kontakt auf, um
ihren Beistand oder zumindest ihre NeutralitŠt zu sichern. Eine dieser Truppen,
die mit dem dringlichen Befehl ausgesandt worden war, Informationen Ÿber das
Vorgehen der Kuraisch einzuholen, tštete unbeabsichtigt ein Mitglied der
Kuraisch namens Ibn Hadzrami. Es war arabischer Brauch, in solchen FŠllen
Blutgeld zu fordern. Aber die Kuraisch suchten nach einem Vorwand, die
Bevšlkerung gegen die Muslime aufzuhetzen, und der Tod Ibn Hadzramis spielte
ihnen einen solchen in die Hand. Einen weiteren Vorwand lieferte eine Karawane
der Kuraisch, die gerade zu dieser Zeit von Syrien kam. Im Wissen, dass die
Muslime immer noch sehr schwach waren, dachten die Kuraisch, dass 1000 MŠnner
ausreichen wŸrden, sie zu vernichten. Mit dieser Armee marschierten sie gegen
Medina im Monat Ramadan, dem Fastenmonat der Muslime, im zweiten Jahr der
Flucht des Propheten. Als dies in Medina bekannt wurde, traf der Prophet eilig
Vorbereitungen, ihnen entgegenzutreten, aber konnte nur eine Heeresmacht von
313 Muslimen zusammenbringen. Die zwei Heere trafen bei Badr aufeinander, das
drei Tagesreisen von Medina und zehn Tage von Mekka entfernt liegt. Auf der
einen Seite standen 1000 kampferprobte Krieger, die ihr Leben lang beruflich
gekŠmpft hatten und mit allen mšglichen Waffen ausgerŸstet waren, die es damals
gab. Und auf der anderen Seite standen nur 313 schlecht ausgerŸstete KŠmpfer,
einschlie§lich JŸnglinge und MŠnner fortgeschrittenen Alters. Der Prophet sah
dies und verbrachte die Nacht in grš§ter Besorgnis im Gebet in einer kleinen
HŸtte: ÒO Allah! Solltest Du zulassen, dass diese kleine Gruppe von GlŠubigen
heute untergeht, so wird niemand auf der Erde Ÿbrigbleiben, Dich zu ehren und
Deine Botschaft in die Welt hinauszutragen. O Lebendiger Gott! O Ewiger Gott,
durch den alle am Leben bleiben! Ich rufe zu Dir um Gnade.Ó
Das Unvorhersehbare traf ein. Fast alle
AnfŸhrer der Kuraisch, die RŠdelsfŸhrer der Kampagne gegen den Islam, fielen im
Kampf. Als sie ihre AnfŸhrer fallen sahen, wurden die gemeinen Soldaten von
Verzweiflung gepackt und begannen zu fliehen. Siebzig fielen und ebenso viele
wurden gefangengenommen. Es gab vierzehn Opfer auf muslimischer Seite.
Die Niederlage der Kuraisch bei Badr war
eine Schande, die sie nicht ungesŸhnt lassen konnten. Eine Armee von 3000
Soldaten, darunter Krieger wie der berŸhmte Khalid, marschierte im folgenden
Jahr, im Schawwal des dritten Jahres nach der Flucht, gegen Medina. Die Muslime
konnten nicht mehr als 700 Soldaten aufbringen und marschierten aus Medina aus,
um den Feind am Fu§e Uhuds, nur drei Meilen von der Stadt entfernt,
entgegenzutreten. Die Muslime kŠmpften verbissen, und sieben der feindlichen
FahnentrŠger fielen nacheinander. €u§erste BestŸrzung ergriff die Kuraisch. Sie
flohen und die Muslime verfolgten sie. Aber gerade in diesem Moment sah Khalid,
dass die muslimischen BogenschŸtzen die hintere Flanke ungedeckt gelassen
hatten, um sich der Verfolgung anzuschlie§en, und schwenkte an der Spitze
seiner 200 Mann starken Kavallerie um, um die Muslime von hinten anzugreifen.
Als sie dies bemerkte, machte die fliehende Armee der Kuraisch ebenfalls kehrt,
und der Handvoll Muslime, die aufgrund der Verfolgung in Aufruhr geraten war,
wurde auf beiden Seiten zugesetzt. Die Lage war so prekŠr, dass sich die
gesamte muslimische Armee in Gefahr befand, vernichtet zu werden. Der Prophet,
der im Mittelpunkt der feindlichen Attacken sein Leben aufs Spiel setzte, rief
seine MŠnner auf, sich um ihn zu versammeln: ÒZu mir, O Diener Allahs! Ich bin
der Bote Allahs.Ó Dies war ein Signal fŸr den Feind, seinen Angriff auf gerade
diesen Punkt zu richten. Die Muslime sahen dies und scharrten sich um den
Propheten, indem sie sich einen Weg durch die Reihen der Feinde schlugen. Aber
in diesem BemŸhen erlitten sie schwere Verluste, und als MusÕab Ibn ÔUmair, der
dem Propheten Šhnlich sah, getštet wurde, verbreitete sich die Nachricht, dass
der Prophet gefallen sei, wie ein Lauffeuer. Doch die Muslime verloren noch
nicht den Mut. ÒLasst uns weiterkŠmpfen fŸr die Sache, fŸr die der Prophet
gekŠmpft hatÓ, sagte einer von ihnen. Gleichzeitig waren dem Propheten schwere
Wunden zugefŸgt worden und er war zu Boden gesunken. Aber die Lage war jetzt
fŸr die Armee und fŸr den Propheten selbst sicher geworden, der von allen
Seiten von treuen Freunden umgeben war. Indem sie auf einer Anhšhe ihre Reihen
schlossen, mit dem Berg als Schutz im RŸcken, fingen sie erneut an, dem Feind
ihre StŠrke zu zeigen. Die Kuraisch zogen sich aus dem Feld zurŸck und kehrten
um nach Mekka. Als jemand den Propheten bat, fŸr die Vernichtung seiner Feinde
zu beten, erhob er die HŠnde und sprach: ÒO Allah! Vergib meinem Volk, denn es
ist unwissend.Ó Obwohl sie den Muslimen diesmal schwerwiegende Verluste zugefŸgt
hatten, wussten die Kuraisch, dass selbst dieser Angriff auf Medina missglŸckt
war. Deshalb versuchten sie nach der RŸckkehr von Uhud, die Juden und Beduinen
gegen die Muslime anzustiften, wobei sie auch erfolgreich waren. Juden, Beduinen
und Kuraisch taten sich zusammen, um einen vernichtenden Schlag gegen den Islam
zu fŸhren. Eine gro§e Armee von 10.000 wurde im fŸnften Jahr nach der Flucht
zusammengebracht. Da die Muslime nicht in der Lage waren, diesem Feind auf dem
offenen Feld entgegenzutreten, wappneten sie sich in Medina, indem sie auf der
ungeschŸtzten Seite der Stadt einen Graben zogen. Der Prophet selbst beteiligte
sich an der Arbeit wie ein gewšhnlicher Arbeiter. Staubbedeckt und mit
TodesŠngsten sangen sie trotzdem glŸcklich im Chor:
O Allah! Wenn Deine
Gnade nicht gewesen wŠre, wŠren wir nicht recht geleitet worden.
Auch hŠtten wir keine
Almosen gegeben oder zu Dir gebetet.
Schicke uns Gelassenheit
hernieder und lenke unsere Schritte im Kampf.
Denn sie haben sich
gegen uns erhoben und sie wollen uns mit Gewalt zu AbtrŸnnigen machen.
Aber wir widerstehen,
aber wir widerstehen.
Schlie§lich erreichte die gewaltige Armee
Medina. Dies war eine Stunde der BestŸrzung fŸr die Muslime. Der Heilige Koran
beschreibt die Verzweiflung und Verwirrung dieses schrecklichen Augenblicks wie
folgt:
Als sie von
oben und unten Ÿber euch herfielen, und als die Augen trŸb wurden und das Herz
bis zum Hals schlug, begannen einige von euch mancherlei Gedanken Ÿber Allah zu
hegen. Dort wurden die GlŠubigen schmerzlich auf die Probe gestellt und Šu§erst
erschŸttert. [33:10, 11]
Inmitten dieser scheinbaren Szene der
Bedrohung und des Schreckens waren die Herzen der Muslime voller Vertrauen:
Und als die
GlŠubigen die VerbŸndeten sahen, sagten sie: Dies ist, was Allah und sein
Gesandter uns angekŸndigt haben, und Allah und sein Gesandter sprachen die
Wahrheit; und dies bestŠrkte sie nur in ihrem Glauben und in ihrer
Gottergebenheit. [33:22]
WŠhrend eines vollen Monats der Belagerung
blieben die Muslime standhaft. Pfeile und Steine kamen in schrecklichen
Schauern, aber sie konnten nicht durch die Verteidigung brechen. Angriffe
wurden in rascher Folge gestartet und zurŸckgeschlagen. Die Belagerung
erschšpfte die Belagerer und die VorrŠte gingen ihnen aus. Die Naturelemente
kamen den tapferen Muslimen schlie§lich zu Hilfe. Eines Nachts tobte ein Sturm,
der die Zelte der Belagerer niederblies. Es herrschte BestŸrzung unter den
VerbŸndeten und sie flohen in der Nacht – zur gro§en Freude der Muslime,
die Allah priesen.
Die Kuraisch verloren nun jegliche
Hoffnung, die Muslime niederschlagen zu kšnnen. UngefŠhr ein Jahr spŠter
unternahm der Prophet mit 1400 Begleitern (der Islam gewann trotz der Kriege an
Boden) eine Reise nach Mekka, um die Kleinere Pilgerfahrt durchzufŸhren und
musste sehen, dass sich die Kuraisch gerŸstet hatten, dem Eintritt der Pilger
in Mekka bewaffneten Widerstand zu leisten. Obwohl es sich lediglich um die
ErfŸllung einer religišsen Verpflichtung handelte, musste der Prophet etwa neun
Meilen vor der heiligen Stadt anhalten, an einem Ort namens Hudaibiya.
Delegierte wurden entsandt, um eine friedliche Lšsung auszuhandeln. Sie wurden
misshandelt und schlie§lich wurde ein Mann von der hohen Position Uthmans, der
bevollmŠchtigt worden war zu vermitteln, von den Kuraisch festgenommen. Die
Situation war kritisch; der muslimische Gesandte war ins GefŠngnis geworfen
worden und das GerŸcht ging um, dass er ermordet worden war. Die Muslime waren
unbewaffnet, mit Ausnahme von in Scheiden steckenden Schwertern, die aus schierer
Notwehr getragen werden mussten, wenn man in einem rauen Land wie Arabien
reiste. Aber sie waren entschlossen, der Gefahr nicht den RŸcken zu kehren. Der
Prophet nahm ihren Treueschwur entgegen und sie gelobten allesamt erneut, dass
sie bis zum letzten Mann fŸr die Verteidigung des Propheten kŠmpfen wŸrden, auf
dessen Leben es der Feind abgesehen hatte. Dieser Treueschwur ist in der
Geschichte des Islams bekannt als BaiÕa al-Ridzwan (GelŸbde der Gšttlichen
Freude).
Dieser Beschluss seitens der Muslime brachte
die Kuraisch zur Besinnung, und es wurde schlie§lich ein Waffenstillstand
ausgearbeitet, der zehn Jahre lang dauern sollte. Die Bedingungen waren:
1. Die Muslime sollen ohne Verrichtung der
Pilgerfahrt umkehren, fŸr die sie im folgenden Jahr zurŸckkehren kšnnen.
2. Sollte irgendein Mekkaner nach Medina kommen,
sollten die Muslime ihn an die Mekkaner ausliefern, aber wenn irgendein Muslim
nach Mekka kommen sollte, sind die Kuraisch nicht verpflichtet, ihn den
Muslimen zurŸckzugeben.
3. Die arabischen StŠmme sind frei, mit jedweder
Partei in ein BŸndnis zu treten.
Es ist leicht zu sehen, welch hohen Preis
der Prophet bereit war, um des Friedens willen zu zahlen; er hatte zugestimmt,
denjenigen Obdach zu verweigern, die verfolgt wurden, weil sie den Islam
angenommen hatten, wŠhrend seine eigenen MŠnner frei waren, sich den
UnglŠubigen anzuschlie§en und Obdach in Mekka zu suchen. Die moralische Kraft,
die die Menschen zum Islam zog, war so gewaltig, dass, wŠhrend nicht ein
einziger Muslim nach Mekka zurŸckging, wo er sicher aufgenommen worden wŠre,
eine gro§e Anzahl Mekkaner den Islam annahmen. Da sie die TŸren Medinas
verschlossen fanden, lie§en sie sich in Is nieder, einem Ort, der weder der
AutoritŠt des Propheten noch der der Kuraisch unterstand. Der Islam verbreitete
sich trotz der Schwertpolitik.
Nach seiner RŸckkehr von Hudaibiya traf
der Prophet Vorbereitungen, die Botschaft des Islam an alle Všlker, sowohl den
christlichen als auch den AnhŠngern von Magiern zu senden, die an den Grenzen
Arabiens lebten. Er schrieb Briefe an die Herrscher der benachbarten
Kšnigreiche, den Kaiser von Rom, Chosroes II von Persien, den Kšnig von
€gypten, den Negus von Abessinien und einige arabische Herrscher, in denen er
sie zum Islam ermutigte. Der Brief an den ršmischen Kaiser lautete wie folgt:
Im Namen Allahs, des
WohltŠtigen und Gnadenvollen. Von Mohammed, dem Diener und Gesandten Allahs an
Herakles, den Herrscher Ÿber die Ršmer. Friede sei mit dem, der dem Ruf folgt.
Danach unterbreite ich Dir eine Einladung, Dich dem Islam anzuschlie§en. Werde
ein Muslim und Du wirst in Frieden leben – Allah wird Dir eine doppelte
Belohnung geben; aber wenn Du Dich abkehrst, wird die SŸnde Deiner Untertanen
auf Dir lasten. Und, O Ihr Folger des Heiligen Buches! Lass uns zu einer Einigung
kommen, dass wir keinem andern als Allah dienen, und dass einige von uns neben
Allah keine anderen Herren annehmen; aber falls sie dem den RŸcken zukehren,
dann sage: Lege Zeugnis davon ab, dass wir Muslime sind.[4]
Von den Angesprochenen nahm der Negus den
Islam an; der Kšnig von €gypten sandte einige Geschenke zur Antwort; der
ršmische Kaiser war beeindruckt, seine GenerŠle waren jedoch abgeneigt, wŠhren Chosroes
den Brief zerriss und Befehl an den Gouverneur von Jemen gab, den Propheten
festzunehmen. Als die Soldaten des Gouverneurs in Medina ankamen, um die
Befehle auszufŸhren, sagte ihnen der Prophet, dass Chosroes tot und nicht
lŠnger Kšnig von Persien sei. Mit diesem Bericht kehrten sie zum Gouverneur von
Jemen zurŸck und man fand, dass Chosroes II tatsŠchlich in der besagten Nacht
von seinem Sohn umgebracht worden war. Dieses Ereignis fŸhrte zum †bertritt des
Gouverneurs zum Islam und schlie§lich dazu, dass Jemen das Joch Persiens
abwarf.
Der Waffenstillstand von Hudaibiya war
kaum zwei Jahre lang in Kraft gewesen, als Banu Bakr, ein VerbŸndeter der Kuraisch,
die KhuzaÕa, Bundesgenossen der Muslime, mit Hilfe der Kuraisch angriff.
Daraufhin lie§ der Prophet den Kuraisch mitteilen, dass sie entweder Blutgeld
fŸr die gefallenen KhuzaÕa bezahlen, sich von Banu Bakr lšsen sollten oder, als
letzten Ausweg, den Waffenstillstandsvertrag von Hudaibiya als null und nichtig
erklŠren sollten. Die Kuraisch gingen auf keinen der beiden ersten VorschlŠge
ein und das Ergebnis war die Aufhebung des Vertrags. Der Prophet befahl
daraufhin einen Angriff auf Mekka gegen Ende des achten Jahres nach der Flucht.
In den zwei Jahren, in denen der Waffenstillstand bestand, waren solche Massen
zum Islam Ÿbergetreten, dass der Prophet jetzt mit 10.000 MŠnnern unter seiner
Flagge gegen Mekka zog. Die Mekkaner hatten keine Gelegenheit, irgendwelche
Vorbereitungen gegen den Angriff zu treffen. Bei Marr al-Zahran, eine
Tagesreise von Mekka entfernt, bat der AnfŸhrer der Kuraisch Abu Sufyan um
Gnade, und obwohl er der Erzfeind war, der keinen Stein auf dem anderen
gelassen hatte, um den Islam auszulšschen, ging der Prophet auf sein
Gnadengesuch ein.
Die Eroberung Mekkas erfolgte praktisch
ohne Blutvergie§en. Die Kuraisch waren nicht in der Lage, dieser Heeresmacht
entgegenzutreten, und der Prophet verfŸgte eine allgemeine Amnestie, indem er
all denjenigen, die Abu Sufyans Haus betraten, ihre eigenen HaustŸren schlossen
oder den heiligen Boden der Kaaba betraten, Sicherheit garantierte. Die
Konvertierung zum Islam war nicht Teil der Bedingungen, die Sicherheit von
Leben und Besitz garantieren. Der heran marschierenden Armee war strengstens
befohlen, kein Blut zu vergie§en. Es gab nur wenige Opfer, fŸr die Ikrima, der
Sohn Abu Jahls, verantwortlich war, der einen Teil der muslimischen Truppe
unter Khalid, der jetzt Muslim war, angriff.
Als Mekka auf diese Weise eingenommen
worden war, beseitigte der Prophet als erstes die Gštzenbilder in der Kaaba.
Dann versammelte er die Kuraisch, die der abscheulichsten Verbrechen gegen die
Muslime schuldig geworden waren. Sie standen nun als Angeklagte vor ihm, die
die Muslime verfolgt hatten, sie den schwersten Folterungen unterzogen hatten,
viele von ihnen getštet und sie schlie§lich aus Mekka vertrieben hatten. Sie
hatten den Muslimen noch nicht einmal erlaubt, ein friedliches Leben in ihrer
neuen Heimat Medina zu fŸhren, sondern hatten diese Stadt dreimal mit
gewaltigen Heeren angegriffen, denen, wie sie wussten, die Muslime nichts
entgegenzusetzen hatten. Diese MŠnner waren jetzt der Gnade des Propheten
ausgeliefert, und er wandte sich ihnen zu und fragte sie: ÒWelche Art
Behandlung erwartet ihr von mir?Ó
Sie kannten Al-Amin, den Getreuen, aus
alten Zeiten genau; sie wussten, dass Mohammed ein gro§zŸgiges Herz besa§. ÒDu
bist unser hochgeborener Bruder, der Sohn eines hochgeborenen BrudersÓ,
antworteten sie ohne Zšgern. Aber die Behandlung, die Mohammed fŸr sie vorsah,
Ÿberstieg selbst ihre eigenen Erwartungen. ÒAn diesem TagÓ, sagte er mit den
Worten Josephs zu seinen BrŸdern, Òbesteht kein Tadel gegen euch.Ó [12:92] Sie waren noch UnglŠubige, aber man nehme
den Edelmut dieser gro§en Seele zur Kenntnis, die die Feinde nicht einmal fŸr
ihre Ÿblen Taten tadelte, die sie gehen lie§, ohne ihnen einen Treueschwur fŸr
die Zukunft abzunehmen. Hier liegt eine praktische BestŠtigung des lobenswerten
Gebotes vor, Liebe deinen Feind.
Nicht nur war Mekka erobert, sondern mit ihm auch die Herzen der bittersten
Feinde des Islams. Sie konnten jetzt mit eigenen Augen sehen, wie die vom
ganzen Land aufgebotenen, vereinten OppositionskrŠfte sich als vollkommener
Fehlschlag erwiesen hatten gegen die mŠchtige Wahrheit, die von den Lippen
eines Mannes kam, der allein inmitten der Opposition gestanden hatte. Die
Redlichkeit der Sache war ihnen jetzt nur allzu klar, und MŠnner und Frauen
traten spontan vor, den Glauben anzunehmen. Es gab keinen einzigen Fall
erzwungener Bekehrung.
Diejenigen, die noch an der alten Religion
festhielten, wurden genauso freundschaftlich behandelt wie die Mitglieder der
Bruderschaft. Selbst ein feindlich gesinnter Kritiker musste gestehen:
Obwohl die Stadt seine
AutoritŠt mit Freude akzeptiert hatte, hatten noch nicht alle ihre Einwohner
weder die neue Religion angenommen noch formal seinen Anspruch auf das
Prophetentum anerkannt. Vielleicht hatte er vor, seinem Kurs in Medina zu
folgen und die Konvertierung der Bevšlkerung allmŠhlich ohne Zwang verlaufen zu
lassen.[5]
Der Fall Mekkas war ein Signal fŸr ganz
Arabien. In der Tat waren die Kuraisch im Allgemeinen die Urheber aller
organisierten Opposition. Mit der einzigen Ausnahme der Schlacht bei Hunain,
die unmittelbar nach der Eroberung Mekkas gegen die Hawazin unternommen werden
musste, neigte sich das Kriegsgeschehen zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen in
ganz Arabien dem Ende zu, und selbst bei Hunain kŠmpften die unglŠubigen
Mekkaner an der Seite der Muslime.
Der Islam war jetzt frei von innerem
Zwiespalt, aber die christliche Macht im Norden sah mit neidischem Auge auf
seine Kraft, und die stŠndigen Nachrichten Ÿber die Vorbereitungen des Ršmischen
Reichs, Arabien anzugreifen, konnten nicht ignoriert werden. Demzufolge fŸhrte
der Prophet persšnlich eine 30.000 Mann starke Expedition im neunten Jahr nach
der Flucht zur nšrdlichen Grenze. Als er jedoch Tabuk erreichte, sah er, dass
der Marsch eine einschŸchternde Wirkung auf den Feind hatte, und da keine
feindliche Macht im Feld war, kehrte der Prophet um, ohne die Ršmer angegriffen
oder den Krieg gegen sie erklŠrt zu haben. In der Tat befolgte der Prophet
stets das Gebot des Korans, nur mit denen zu kŠmpfen, die das Schwert zuerst
gegen die Muslime erhoben hatten.
Nach der RŸckkehr von Tabuk war der Friede
offenbar auf der Halbinsel etabliert. Aber das islamische Territorium wurde von
rŠuberischen Horden geplagt, die den StŠmmen angehšrten, die mit dem
muslimischen Staat in ein BŸndnis getreten waren, aber wenig Respekt fŸr ihre
Abkommen hatten: ÒDie, mit denen du ein Abkommen schlie§t, brechen dieses
jederzeit und haben kein VerantwortungsgefŸhl fŸr ihre Pflichten.Ó [8:56] Diese Leute waren zur Bedrohung von Leben
und Eigentum geworden, und dementsprechend entsandte der Prophet gegen Ende des
neunten Jahres nach der Hidschra Ali, um eine wichtige
Verpflichtungslossprechung hinsichtlich dieser Abkommen auf der jŠhrlichen
Pilgerfahrt nach Mekka zu geben. Diese ErklŠrung ist in den …ffnungsversen des
Kapitels mit dem Titel Die Befreiung
enthalten: ÒDies ist eine ErklŠrung der Befreiung von Allah und Seinem
Gesandten an diejenigen der Gštzendiener, mit denen ihr ein Abkommen getroffen
habt.Ó [9:1]
Mit Gštzendienern waren diejenigen
gemeint, von denen im letzten Absatz die Rede war, Òdie, mit denen du ein
Abkommen schlie§t, das sie jederzeit wieder brechen.Ó Dies wird klar in den
nŠchsten Versen, in denen eine Ausnahme gemacht wird zugunsten derer, die ihre
Abkommen nicht verletzt hatten:
Mit Ausnahme der
Gštzendiener, mit denen ihr ein Abkommen gemacht habt, und die dann in keiner
Hinsicht ihr BŸndnis verletzt haben und keinen gegen euch unterstŸtzt haben;
darum seid ihrem Abkommen bis zur bestimmten Zeit treu. Gewiss liebt Allah
diejenigen, die ihre Pflicht erfŸllen. [9:4]
Und wiederum:
Wie kann es
ein Abkommen der Gštzendiener mit Allah und Seinem Gesandten geben, abgesehen
von denen, mit denen ihr ein Abkommen an der Heiligen Moschee getroffen habt.
Solange sie euch also treu sind, bleibet ihnen treu. Gewiss liebt Allah
diejenigen, die ihre Pflicht erfŸllen. Wie kann das sein! Und wenn sie euch
Ÿberwinden, ehren sie weder die Bande der Verwandtschaft noch den Bund mit
euch. Sie schmeicheln euch mit ihrem Mund, wŠhrend sich ihre Herz verweigern,
und die meisten von ihnen sind FrevlerÉ Sie achten weder die Bande der
Verwandtschaft noch den Vertrag im Falle eines GlŠubigen. Und sie sind
diejenigen, die alle Gesetze Ÿberschreiten. [9:7-10]
Die angesprochenen Gštzendiener
entgegneten Ali folgenderma§en: ÒO Ali! †bermittle deinem Vetter (d.h. dem
Propheten) die Botschaft, dass wir uns von den Abmachungen gelšst haben, und
dass es keinen Vertrag mehr zwischen ihm und uns gibt als das Gesetz des Speers
und des Schwerts.Ó Das Ergebnis der entschlossenen Haltung des Propheten war,
dass solche StŠmme sich ergaben, und das Friedensabkommen auf der gesamten
Halbinsel vorherrschte.
Diese Verpflichtungslossprechung gegenŸber
denjenigen, die das Abkommen gebrochen hatten, wird manchmal missverstanden als
Aufhebung der Kriegsbedingungen, die anfŠnglich festgelegt worden waren: ÒKŠmpfe
mit denen, die mit dir kŠmpfen und Ÿberschreite diese Richtlinie nicht.Ó In der
Tat blieb diese Bedingung bis zum Ende wirksam. Die RŸckkehr des Propheten von Tabuk
ohne Angriff auf das ršmische Gebiet oder das irgendeines anderen Stammes ist
ein klarer Beweis dafŸr. Und selbst nach der Verpflichtungsbefreiung war den
Muslimen befohlen, nur mit denen zu kŠmpfen, die sie zuerst angriffen:
Werdet ihr nicht gegen ein Volk
kŠmpfen, das seine SchwŸre gebrochen und auf die Ausweisung des Gesandten gezielt
hat, und euch zuerst angegriffen hat? [9:13]
Delegationen, die bereits im neunten Jahr
nach der Flucht zum Propheten gekommen waren, um die Wahrheit Ÿber den Islam zu
erfahren, wurden jetzt immer zahlreicher. Die Menschen kamen aus verschiedenen
Teilen Arabiens und nahmen den Islam aus freier Entscheidung an. Sobald der
Friede etabliert war, verbreitete sich der Islam in gro§en SprŸngen. Und im
zehnten Jahr nach der Flucht erfolgte die Konvertierung ganz Arabiens zum
Islam, einschlie§lich einiger christlicher StŠmme. Es handelte sich nicht nur
um eine Bekehrung im Sinn der Aufgabe des Gštzendienstes zugunsten des reinen
Monotheismus von einem Ende der Halbinsel zum anderen; es war eine Reformierung
in allen Lebensbereichen. Der ganze Lebensablauf einer gesamten Nation wurde
umgestaltet – Unwissen, Aberglaube und Barbarei wichen der Verbreitung
von Wissen und einem rationalen Weltbild in allen Lebensbereichen.
Am Ende des zehnten Jahres nach der Hidschra
bereitete der Prophet eine Pilgerfahrt nach Mekka vor. Da ganz Arabien jetzt
muslimisch war, gab es nicht einen einzigen Gštzendiener in der gewaltigen
Menschenmasse von 124.000 Pilgern, die aus allen Teilen Arabiens nach Mekka
stršmten. Genau der Ort, an dem der Prophet nur zwanzig Jahre zuvor ein
Ausgesto§ener war, dem niemand Gehšr schenken wollte, wurde nun zur Szene
wunderbarer Ergebung. Wohin er sein Auge auch wenden mochte, sah er Scharen
treuer Freunde, die ihn als ihr weltliches und geistliches Oberhaupt ansahen.
Hier manifestierte sich die Gšttliche Macht fŸr ihn und alle Versammelten auf
beseelende Weise.
Es geschah hier am neunten Tag des Dhul
Hidscha, dem Tag der Versammlung der Pilger am Berg Arafat, dass Gott sich ihm
offenbarte, und eine Freudenwelle bewegte die Menge:
Heute habe
ich fŸr euch eure Religion vollendet und meine Gunst an euch erfŸllt und den
Islam fŸr euch als Religion erwŠhlt. [5:3]
Offenbar erkannte der Prophet, dass die
Botschaft der Vervollkommnung der Religion sein nahendes Ende bedeutete. Hier
hielt er die folgende Predigt – die Bergpredigt des Islam – die
durch Abgesandte von StŠmmen aus allen Teilen des Landes an ganz Arabien
gerichtet war:
O ihr Menschen! Hšrt mir
gut zu, denn ich wei§ nicht, ob ich jemals wieder die Gelegenheit haben werde,
euch hier zu treffen. É Ich setze euch in Kenntnis, dass euer Leben, euer Besitz
und eure Ehre euch gegenseitig so heilig sein mŸssen wie dieser heilige Tag in
diesem heiligen Monat in dieser heiligen Stadt. Lasst die Anwesenden diese
Botschaft an die Abwesenden weitergeben. Ihr werdet eurem Herrn in KŸrze
begegnen, der euch fŸr eure Taten zur Verantwortung ziehen wird. É
O ihr Menschen! Heute
hat Satan in Verzweiflung aufgeben mŸssen, seine Macht in diesem eurem Land
wieder aufzubauen. Aber solltet ihr ihm gehorchen, in was euch nur als eine
Kleinigkeit erscheint, so wird er frohlocken. Nehmt euch vor ihm in Acht was
euren Glauben betrifft.
O ihr MŠnner! Ihr habt
gewisse Rechte Ÿber eure Frauen und eure Frauen Ÿber euch. É Sie sind das
anvertraute Gut Allahs in euren HŠnden. So mŸsst ihr sie mit aller GŸte
behandeln. É Und was eure Sklaven betrifft, so gebt ihnen von dem zu essen, was
ihr selbst esst und kleidet sie mit dem, womit ihr euch selbst kleidet.
O ihr Menschen! Hšrt,
was ich sage und nehmt es euch zu Herzen. Ihr mŸsst wissen, dass jeder Muslim
der Bruder eines anderen Muslims ist. Ihr seid alle gleich und Mitglieder einer
Bruderschaft. Es ist einem jeden von euch verboten, vom Bruder zu nehmen, es
sei denn, er gŠbe es freiwillig. Begeht kein Unrecht an eurem Volk.
Dann rief der Prophet aus voller Kehle:
O Allah! Ich habe Deine
Botschaft Ÿbermittelt,
und das Tal hallte wider mit den Worten:
Ja! Das hast du.
Dies ist bekannt als die
Abschieds-Pilgerfahrt des Propheten. Kurz nach seiner RŸckkehr nach Medina
erkrankte er. Zuerst ging er noch zur Moschee, um die Gebete zu leiten, selbst
wŠhrend seiner Krankheit. Aber spŠter wurde er zu schwach und bestimmte Abu
Bakr dazu, die Gebete zu leiten. Nach etwa zwšlf Tagen der Krankheit, am 12. RabiÕI,
an einem Montag im elften Jahr nach der Flucht, empfahl er seine Seele im Alter
von dreiundsechzig Jahren seinem Schšpfer. Seine Letzten Worte waren:
Gesegneter Beistand
Gottes.
Das hervorstechendste Merkmal des Lebens
des Propheten ist sein erstaunlicher Erfolg. Die Umwandlung, die sich durch
seine Initiative in einem Zeitraum von weniger als 25 Jahren vollzog, ist in
der Tat ohne Beispiel in der Weltgeschichte. Es gibt keinen einzigen Reformer,
der einen solch vollkommenen Wandel im Leben einer ganzen Nation in einem so
gewaltigen Land bewirkt hat. In der Tat fand keiner sein Volk in einem Zustand
derart tiefer Degradierung vor, in dem der Prophet die Araber fand. Und keiner
erhob sie in materieller, moralischer und geistlicher Hinsicht zu der Hšhe, zu
der er sie erhob. Ihre Anbetung von Gštzenbildern war so tief verwurzelt, so
mŠchtig ihr Aberglaube und ihre BrŠuche, dass die propagandistischen BemŸhungen
der Juden und Christen, die sie abwechselnd Ÿber Jahrhunderte hinweg mit der
materiellen Macht ihrer Kšnigreiche im RŸcken unternahmen, nicht die geringste
VerŠnderung ihrer Lebenssituation bewirken konnten. Die bodenstŠndige arabische
Bewegung der Hanifs erwies sich als ein noch grš§erer Fehlschlag. All diese
ReformbemŸhungen lie§en die Araber als Nation ebenso unwissend hinsichtlich
religišser und moralischer Prinzipien wie zuvor.
Die dreiundzwanzig Jahre wŠhrende Arbeit
des Propheten jedoch bewirkte eine Verwandlung. Das Anbeten von Gštzen und
himmlischen und irdischen Objekten wurde jetzt als Schande fŸr die Menschheit
betrachtet. Nicht eine Spur von Gštzendienerei blieb in ganz Arabien zurŸck.
Die ganze Nation erwachte zu einem Sinn fŸr die wahre WŸrde der Menschheit und
erkannte, dass es nŠrrisch ist, vor GegenstŠnden auf die Knie zu fallen, Ÿber
die der Mensch zu herrschen geboren ist und vor MŠchten, die er aufgefordert
ist, sich untertan zu machen. Der Aberglaube wich einer rationalen Religion.
Der Araber wurde nicht nur gelŠutert von tief verwurzeltem Laster und
unverhŸllter Unmoral; er wurde weiterhin von dem brennenden Wunsch ergriffen,
die besten und edelsten Taten im Dienst nicht eines Landes oder einer Nation,
sondern zu dem viel hšheren Dienst an der Menschheit zu vollbringen. Alte
BrŠuche, die Ungerechtigkeit den Schwachen und UnterdrŸckten gegenŸber
beinhalteten, wurden wie von Zauberhand abgeschafft, und gerechte und
vernŸnftige Gesetze nahmen ihren Platz ein. Die Trunkenheit, der Arabien von
jeher verfallen war, wurde vollkommen eingedŠmmt, so dass Pokale und GefŠ§e,
die zum Trinken und Lagern des Weins benutzt wurden, nicht mehr vorzufinden
waren. Das GlŸcksspiel war weitgehend unbekannt und die lockeren Beziehungen
zwischen den Geschlechtern wichen der hšchsten Achtung der Keuschheit. Der
Araber, der stolz gewesen war auf seine Unwissenheit, wurde zum FŸrsprecher des
Wissens, indem er seinen Durst an jeder Quelle des Lernens stillte, zu der er
Zugang finden konnte. Das Allergrš§te ist, dass der Prophet aus einem Arabien,
dessen verschiedene Elemente permanent im Krieg miteinander lagen, sodass das
ganze Land dem Untergang nahe war, sich Òam Rande einer FeuergrubeÓ [3:103]
befand, wie es der Heilige Koran so prŠzise ausdrŸckt, eine Nation aus diesen misstšnenden
und widerstrebenden Elementen zusammenschwei§te, eine vereinte Nation voller
Leben und VitalitŠt, vor deren Vormarsch die grš§ten Kšnigreiche der Welt
zerbršckelten, als seien sie nichts als ein Spielzeug im Angesicht des neuen
Glaubens. Kein Mensch hat jemals ein derart neues Leben in solchem Ausma§
genossen – ein Leben, das alle Gebiete menschlicher AktivitŠt berŸhrte.
Eine Transformation des Individuums, der Familie, der Gesellschaft, der Nation,
des Kontinents; ein Erwachen, materiell wie auch moralisch, intellektuell wie
auch spirituell. Es folgen einige Zeugnisse von nicht-muslimischen Autoren:
Die Aussichten Arabiens
auf eine religišse Reform waren vor Mohammed so ungŸnstig wie die auf eine
politische Einigung oder nationale Regeneration. Die Grundlage des arabischen
Glaubens war eine tief verwurzelte Gštzenanbetung, die sich jahrhundertelang ohne
ein sichtbares Symptom des Verfalls abgekapselt hatte gegen jeglichen Versuch
der Bekehrung seitens €gyptens und Syriens.[6]
WŠhrend Mohammeds Jugend
war die Halbinsel sehr konservativ; vielleicht war eine Reform nie zuvor so
hoffnungslos gewesen.[7]
Manchmal werden GrŸnde
fŸr Taten heraufbeschworen, die von einem Urheber bewirkt worden seien, der sie
scheinbar unmšglich zustande bringen konnte. Mohammed erhob sich, und sogleich
wurden die Araber zu einem neuen und spirituellen Glauben angeregt; daher die Folgerung,
dass es in Arabien sowieso gegŠrt hŠtte und es nur allzu bereit gewesen wŠre,
eine €nderung anzunehmen. RŸckblickend kšnnen wir von unserem historisch
Ÿberlegenen Standpunkt aus sagen, dass die vorislamische Geschichte dieser
Vermutung widerspricht.[8]
Seit unvordenklichen
Zeiten waren Mekka und die ganze Halbinsel in spiritueller Lethargie versunken
gewesen. Die schwachen temporŠren christlichen und jŸdŠischen EinflŸsse oder
das Vordringen des arabischen Geistes in die Philosophie hatten keine grš§ere
Auswirkung als das zeitweilige KrŠuseln der OberflŠche eines stillen Sees;
alles blieb ruhig und bewegungslos in der Tiefe. Die Menschen waren in
Aberglauben, Grausamkeit und Laster versunken. É Ihre Religion war stumpfer
Gštzendienst; und ihr Glaube, die dunkle aberglŠubische Furcht vor unsichtbaren
Dingen. É Dreizehn Jahre vor der Hidschra befand sich Mekka in einem leblosen
und heruntergekommenen Zustand. Was fŸr eine VerŠnderung hatten die dreizehn
Jahre nun bewirkt. É Die jŸdische Botschaft war den BŸrgern von Medina schon
lange zu Ohren gekommen; aber es war nicht bevor sie die aufrŸttelnden Worte
des arabischen Propheten hšrten, dass auch sie aus ihrem Schlummer erwachten
und plštzlich ein neues und ernsthaftes Leben aufnahmen.[9]
Und doch kšnnen wir
ehrlich sagen, dass keine Historie Ereignisse aufweisen kann, die die Phantasie
lebhafter anregen oder verblŸffender sein kšnnten als die, die uns im Leben der
ersten Muselmanen begegnen, ob wir den Gro§en AnfŸhrer oder seine Minister als
MŠnner ohne ihres gleichen ansehen, ob wir die Sitten der zahlreichen LŠnder,
die er eroberte, in ErwŠgung ziehen oder den Mut betrachten, die Tugend und die
Gesinnung, die unter seinen GenerŠlen und Soldaten vorherrschten.[10]
Es ist schwer, ein
zerstritteneres Volk als die Araber zu finden, bis plštzlich das Wunder
geschah. Ein Mann trat auf, der mittels seiner Persšnlichkeit und seines
Anspruchs, der Arm der Gšttlichen Vorsehung auf Erden zu sein, tatsŠchlich das
Unmšgliche, die Einigung all dieser streitenden Parteien, zustande brachte.[11]
Niemals wurde ein Volk
schneller der Zivilisation zugefŸhrt als die Araber durch den Islam.[12]
So also, um es in aller
KŸrze zu sagen, war die soziale und religišse Lage der Araber, als, mit einem
Ausdruck Voltaires Òdie Wende Arabiens stattfandÓ, als die Stunde schon
geschlagen hatte fŸr die vollendetste, rascheste und au§ergewšhnlichste
Revolution, die je eine Nation auf der Erde ereilt hat.[13]
Von allen religišsen
Persšnlichkeiten auf der Welt war Mohammed die erfolgreichste.[14]
Ein Mann, der die grŸndlichste
Transformation einer Nation in zwanzig Jahren bewerkstelligte, der allein und
ohne Hilfe Laster und Unmoral aus einem Land vertrieb, in dem die eifrigsten
MissionierungsbemŸhungen einer mŠchtigen Nation hoffnungslos fehlgeschlagen
waren, der durch sein persšnliches Beispiel das Leben vieler lŠuterte, konnte
sich solch ein Mann in den Klauen der SŸnde befinden? Ein unmoralischer Mann
kšnnte sich nicht so konsistent fŸr die Tugend einsetzen. Wie kšnnte er andere
bei der Hand nehmen und sie von der Knechtschaft der SŸnde befreien und seine
Soldaten und GenerŠle zu moralischer Gesinnung motivieren? Kšnnte ein Mann, der
selbst im Dunkeln herumtappte, andere zum Licht fŸhren? Der Prophet, dieser
gro§e Befreier der Menschheit von der Knechtschaft der SŸnde, wird jedoch als
sŸndig bezeichnet, da er zu einer bestimmten Zeit seines Lebens mehr als eine
Frau hatte.
Was immer die moderne Welt von der
Polygamie halten mag, so gibt es doch nicht den geringsten Zweifel, dass die Vielehe
ein PhŠnomen ist, das man im Leben der gro§en religišsen Persšnlichkeiten
vorfindet, die nach der allgemeinen Meinung ein Leben von transzendenter
Reinheit fŸhrten. Abraham, dessen Gedenken bis heute von mehr als der HŠlfte
der Welt in Ehren gehalten wird, hatte mehr als eine Frau. €hnlich war es mit
Jakob, Moses und David unter den Israeliten und mit einigen der berŸhmten und
geehrten Weisen der Hindus. Und doch ist es wahr, dass diese gro§en Weisen
nicht aus Sinnlichkeit ein polygames Leben fŸhrten. Reinheit in jeder Hinsicht
ist die hervorragendste Eigenschaft ihres Lebens, und allein diese Tatsache
reicht aus, den Versuch zu verurteilen, sie wegen Polygamie zu verleumden. Was
ihre Motivation im Einzelfall war, ist heute schwer zu beurteilen, da ihre
Geschichte im Allgemeinen in Dunkelheit gehŸllt ist. Aber da das Leben des
Propheten im vollen Licht der Geschichte gelesen werden kann, werden wir seinem
Fall im Detail nachgehen.
Das Leben des Propheten kann im Hinblick
auf sein Privatleben in vier Zeitabschnitte eingeteilt werden. Bis zum Alter
von fŸnfundzwanzig Jahren lebte er ein Junggesellenleben. Von fŸnfundzwanzig
bis vierundfŸnfzig lebte er in ehelicher Gemeinschaft mit einer einzigen Frau.
Zwischen vierundfŸnfzig und sechzig schloss er mehrere Ehen. In den Jahren nach
seinem sechzigsten Geburtstag bis zu seinem Tod verheiratete er sich nicht
mehr. Die Zeit, die ausschlaggebend ist, zu entscheiden, ob der Prophet ein
Sklave seiner Leidenschaften war, ist die vor seiner Ehe. WŠre er nicht ein
vollkommender Meister seiner Leidenschaften gewesen, hŠtte er nicht bis zum
Alter von fŸnfundzwanzig ein au§erordentlich keusches und reines Leben fŸhren
kšnnen, das ihm den Beinamen Al-Amin eintrug, in einem hei§en Land wie Arabien,
wo die sexuelle Entwicklung frŸher stattfindet und die Leidenschaften im
Allgemeinen stŠrker sind. Seine Šrgsten Feinde konnten den Finger nicht auf
einen einzigen Fleck in seinem Charakter legen, als sie spŠter dazu
aufgefordert wurden. Muir zufolge stimmen alle AutoritŠten darin Ÿberein, Òder
Jugend Mohammeds ein bescheidenes Betragen und eine sittliche Reinheit
zuzuschreiben, die eine Seltenheit waren unter den Mekkanern.Ó Nun ist die
Jugend die Zeit, in der die Leidenschaften au§er Rand und Band geraten. Und den
Mann, der seine Leidenschaften in der Jugend unter Kontrolle hat, und dies bei
Enthaltsamkeit, kann man sich wohl nicht als Opfer der Sinnlichkeit im Alter
vorstellen. So ist die erste Periode seines Lebens, die seines
Junggesellenlebens bis zum fŸnfundzwanzigsten Lebensjahr, ein schlŸssiger Beweis
dafŸr, dass er niemals das Opfer seiner Leidenschaften sein kšnnte. Es sollte
in diesem Zusammenhang auch erwŠhnt werden, dass es in der arabischen
Gesellschaft dieser Zeit keine moralischen Sanktionen gegen ein unmoralisches
Leben gab, so dass man nicht sagen kann, dass er durch den moralischen Druck
der Gesellschaft von einem Ÿblen Lebenswandel abgehalten wurde.
Lasterhaftigkeit war dagegen an der Tagesordnung. Und es war unter Leuten, die
mit ihren lockeren sexuellen Beziehungen angaben, wo der Prophet ein Leben von
transzendenter Reinheit fŸhrte.
Kommen wir zum nŠchsten Lebensabschnitt,
der Zeit des monogamen Ehelebens. Mit fŸnfundzwanzig heiratete Mohammed die
verwitwete Chadidscha, die fŸnfzehn Jahre Šlter war, und fŸhrte ein Leben
voller Hingabe zu ihr bis zu ihrem Tod, als er fŸnfzig war. Polygamie war die
Regel im Arabien dieser Zeit und die Frau hatte weder einen Grund zur Klage,
noch hat sie je gegrollt, wenn der Ehemann eine zweite oder dritte Frau ins
Haus brachte. Der Prophet gehšrte zur edelsten Familie der Kuraisch und seine
Hochzeit mit Chadidscha hatte ihn reicher gemacht. Und hŠtte er sich
entschlossen, eine andere Frau zu heiraten, wŠre es ziemlich einfach fŸr ihn
gewesen. Aber er fŸhrte wŠhrend all dieser Zeit ein Leben absoluter Hingabe zu
seiner Frau. Als Chadidscha starb, heiratete er eine Frau, Sauda, die viel
Šlter war als er, und die zu dieser Ehre kam, weil sie die Witwe eines treuen
GefŠhrten war, der wegen der Verfolgung der Kuraisch nach Abessinien fliehen
musste. Der grš§te Teil seines Lebens, von fŸnfundzwanzig bis vierundfŸnfzig,
war also ein Beispiel fŸr seine AnhŠnger, dass Monogamie der Normalfall des
Ehelebens war.
Nun zur dritten Periode. Von all seinen
Frauen war Aischa die einzige, die er als Jungfrau heiratete. Ihr Vater, Abu
Bakr, der engste Freund des Propheten, hatte sie ihm angeboten, als der Prophet
gleichzeitig in Trauer war um seine Frau und seinen Onkel Talib. Das MŠdchen
besa§ hervorragende Eigenschaften, und sowohl Abu Bakr als auch der Prophet
sahen in ihr die gro§e Frau der Zukunft, die alles besa§, um die Pflichten
einer Ehefrau eines Lehrers, der ein vollkommenes Beispiel der Menschheit
werden sollte, zu erfŸllen. So nahm der Prophet sie zur Frau; aber anscheinend
hatte sie noch nicht das PubertŠtsalter erreicht und die Ehe wurde gegen Ende
des zweiten Jahres nach der Flucht geschlossen.[15]
Im zweiten Jahr nach der Flucht begann die
Reihe von KŠmpfen mit den Kuraisch und anderen arabischen StŠmmen, die die Zahl
der MŠnner, der Brotverdiener, betrŠchtlich reduzierte. Diese KŠmpfe setzten
sich fort bis zum achten Jahr nach der Flucht. Und es war wŠhrend dieser Zeit,
dass der Prophet all die Ehen schloss, die dem modernen Geist als anstš§ig
erscheinen, aber die weder Freund noch Feind zu dieser Zeit missbilligte. Ein
christlicher Autor schreibt:
Es wŸrde jedoch in die
Erinnerung eingehen, dass die meisten von Mohammeds Ehen mindestens so sehr aus
Mitleid mit der hilflosen Situation der betreffenden Personen wie aus anderen
Motiven erklŠrt werden kšnnen. Fast alle waren Witwen, die sich weder durch
ihre Schšnheit auszeichneten noch durch ihren Reichtum, sondern durch das Gegenteil.[16]
Sehen wir den Tatsachen direkt ins Auge.
Der Prophet hatte mit Aischa nun eine junge und schšne Frau im Haus. Keine der
anderen Frauen, die er spŠter heiratete, konnte sich mit ihr an Jugend und
Schšnheit messen. Gewiss war es dann nicht die Anziehungskraft der Schšnheit,
die zu diesen Ehen fŸhrte. Wir haben bereits bemerkt, dass der Prophet von
seiner Jugend bis ins Alter seine Leidenschaften vollkommen beherrschte. Der
Mann, der bis fŸnfundzwanzig als Junggeselle leben konnte, der bis
vierundfŸnfzig mit nur einer Frau gelebt hatte, und dies ungeachtet der
Tatsache, dass Polygamie mehr die Regel als die Ausnahme war, und dass eine
polygame Beziehung nicht im Geringsten anrŸchig war – von einem solchen
Mann konnte man nicht sagen, dass er sich plštzlich mit fŸnfundfŸnfzig
verŠndert hatte, wenn das fortgeschrittene Alter im Allgemeinen die
Leidenschaften selbst derjenigen mildert, die sie in der Jugend nicht meistern
kšnnen. Kein anderes Motiv als MitgefŸhl fŸr die Frauen kann diesen
Eheschlie§ungen zugeschrieben werden. HŠtte es ein weniger ehrenhaftes Motiv
gegeben, wŠre seine Wahl auf andere Frauen als auf Witwen gefallen, und nach
arabischem Brauch kšnnte ein Mann in seiner Position viele Jungfrauen haben.
Ich habe gesagt, dass ein Mann, der bis zu
seinem fŸnfundzwanzigsten Lebensjahr ein makelloses Leben gefŸhrt hat, sich
nicht plštzlich radikal verŠndert. Wenn die Schšnheit der Frauen seine
Leidenschaften in der Jugend nicht wecken und ihn vom rechten Pfad abbringen
konnte, wie kšnnte sie ihn im Alter irreleiten? Und wie waren die UmstŠnde,
unter denen er in Medina wŠhrend dieser Jahre lebte? Es war kein Leben in
Sorglosigkeit und Luxus. Es war ein hartes Leben, weil es genau die Zeit war,
in der er auf Leben und Tod mit den Feinden des Islams kŠmpfte. Gewaltige
Armeen kamen, ihn und die kleine Gruppe von Muslimen in Medina zu vernichten.
Ganz Arabien war gegen ihn aufgebracht. Er war nicht eine Minute sicher.
Schlachten mussten in schneller Abfolge gekŠmpft werden. Expeditionen mussten
vorbereitet und entsandt werden. ÒProphet Gottes! Wir sind es mŸde, Tag und
Nacht kampfbereit zu sein,Ó pflegten seine Begleiter zu ihm zu sagen; und er
musste sie tršsten, indem er ihnen sagte, dass die Zeit kommen wŸrde, in der
ein Reisender sich unbewaffnet von einem Ende des Landes zum anderen bewegen
kšnne. Die Juden und Christen zŠhlten neben den Gštzenanbetern zu seinen
Feinden. Seine besten Freunde fielen im Krieg oder manchmal auch durch Verrat.
Ist es mšglich fŸr einen Mann, unter solchen UmstŠnden ein Leben in
Sorglosigkeit und Luxus zu fŸhren? Selbst wenn ein Mann dazu geneigt war, ein
Leben voller Genusssucht zu fŸhren, was auf den Propheten aller verfŸgbaren
Berichte zufolge nicht zutrifft, war dies nicht die richtige Zeit dafŸr. In
diesen KriegszustŠnden mit Feinden in und um Medina herum, der im Vergleich mit
dem Feind geringen Zahl der Muslime und Meldungen von Angriffen ŸberwŠltigender
Feindeszahlen auf allen Seiten, hŠtte sich selbst das Leben eines Unmoralischen
zum Guten verŠndert. Das Leben eines Mannes von anerkannter CharakterstŠrke,
den keine Versuchung locken konnte, wŠre wohl kaum unmoralisch geworden.
Gesetzt den Fall, dass der Prophet wŠhrend
dieser Zeit seine Tage so mŸhsam verbrachte, wie verbrachte er dann erst seine
NŠchte? Er hatte mehrere rechtmŠ§ige Frauen, aber er verbrachte seine NŠchte
nicht im VergnŸgen mit ihnen. Es gibt eindeutige Zeugnisse im Heiligen Koran und
im Hadith, dass er die HŠlfte und manchmal sogar zwei Drittel der Nacht mit
Gebeten zubrachte und mit dem Rezitieren des Heiligen Korans in Gebetsstellung.
Er pflegte so lange zu stehen, bis seine F٤e anschwollen. Kann man von einem
solchen Mann sagen, dass er seine Frauen zur Befriedigung seiner GelŸste
geheiratet hatte, wenn die kleinsten Details seines Lebens, wie sie uns zur
VerfŸgung stehen, schlŸssig darstellen, dass er ein mŸhsames Leben fŸhrte, das
weit entfernt war von Genusssucht jeglicher Art?
Kommen wir zu einem anderen Punkt. Konnte
man wirklich wŠhrend seines letzten Lebensabschnitts irgendeine VerŠnderung an
ihm feststellen, als er zum Staatsoberhaupt wurde? ÒIm Schafhirten der WŸste,
im syrischen HŠndler, im Einsiedler auf dem Berge Hira, im allein kŠmpfenden
Reformer, im Exil in Medina, im berŸhmten Eroberer und im Mann, der dem Perser Chosroes
und dem Griechen Heraklius ebenbŸrtig war, kšnnen wir immer noch eine
wesentliche Einheit erkennen. Ich zweifle, dass je ein anderer Mann, dessen
Šu§ere UmstŠnde solchen VerŠnderungen unterworfen waren, sich weniger verŠndert
hat im Angesicht der fliegenden Wechsel: Das Unwesentliche Šndert sich, das
Wesentliche scheint mir unverŠndert."[17]
Von der Wiege bis zum Grab traf der
Prophet auf eine Mannigfaltigkeit von UmstŠnden – eine Mannigfaltigkeit,
der ein einzelner Mann kaum begegnen kann. als Waise ist man Šu§erst hilflos,
wŠhrend man als Kšnig auf der Hšhe der Macht steht. Einst ein Waisenkind,
erklomm er die Hšhen kšniglicher WŸrde, aber dies verŠnderte seinen Lebensstil
Ÿberhaupt nicht. Er nahm immer noch die gleichen einfachen Speisen zu sich,
trug die gleichen schmucklosen Kleider, und fŸhrte in allen Details das gleiche
einfache Leben wie als Waise. Es ist schwer, den Kšnigsthron aufzugeben und das
Leben eines Einsiedlers zu fŸhren, aber es ist noch schwerer, das kšnigliche
Zepter zu halten und gleichzeitig das Leben eines Einsiedlers zu fŸhren, Macht
und Reichtum zu besitzen, und diese nur zum Wohl anderer einzusetzen, stets den
verlockendsten Reizen ausgesetzt und ihnen doch nie auch nur einen Moment lang
erlegen zu sein. Als der Prophet Staatsoberhaupt wurde, bestand die Einrichtung
seines Hauses aus einer groben PalmblŠttermatte, die als Bett diente, und einem
Tonkrug fŸr Wasser. Manchmal pflegte er nachts nichts zu essen. Tagelang wurde
kein Feuer zum Kochen gemacht, und die ganze Familie lebte allein von Datteln.
Es herrschte kein Mangel an Mitteln, ein bequemes und reiches Leben zu fŸhren.
Er verwaltete die Staatsfinanzen. Die Wohlhabenden unter seinen AnhŠngern, die
nicht davor zurŸckschreckten, ihr Leben fŸr ihn zu opfern, wŠren nur zu
glŸcklich gewesen, ihm jeden Lebenskomfort zu beschaffen, sollte er danach
verlangen. Aber weltliche Dinge schŠtzte er gering. Kein irdisches Begehren
nahm je Besitz von ihm, weder in Zeiten der Armut noch in denen des Reichtums.
Wie er Besitz verschmŠhte, so wies er auch Macht und Schšnheit von sich, die ihm
die Kuraisch anboten, als er noch všllig hilflos war. So blieb er diesen Dingen
gegenŸber gleichgŸltig, als Gott sie ihm aus seiner unendlichen Gnade heraus
anbot.
Nicht nur lebte er selbst das Leben eines
einfachen Arbeiters, sondern er duldete auch nicht, dass Reichtum einen Reiz
fŸr seine Frauen hatte. Kurz nach ihrer Einwanderung in Medina hatte sich die
Situation der Muslime geŠndert, und sie waren erfolgreiche HŠndler geworden.
Ihre spŠteren Eroberungen trugen dazu bei, die Annehmlichkeiten des Lebens, an
denen die Muslime ihre Freude hatten, weiter zu vergrš§ern. Ein ganz
menschliches Verlangen ergriff die Frauen des Propheten, wie andere muslimische
Familien am Wohlstand teilzuhaben. Gemeinsam baten sie den Propheten, ihnen
ihren Anteil an Lebenskomfort zu gewŠhren. Daraufhin erfolgte das Gšttliche
Gebot:
O Prophet!
Sage deinen Frauen: Wenn ihr das Leben dieser Welt und seinen Schmuck verlangt,
kommet, ich werde euch Versorgung zukommen lassen und euch einen guten Abschied
gewŠhren. Und wenn ihr Allah und Seinen Gesandten begehrt und die StŠtte des
Jenseits, dann hat Allah gewiss fŸr diejenigen unter euch, die Gutes tun, eine
gro§e Belohnung vorbereitet.
[33:28, 29]
So wurden sie vor die Alternative
gestellt. Sie konnten entweder irdische Kostbarkeiten besitzen oder im Haushalt
des Propheten bleiben. Sollten sie sich fŸr das Erstere entscheiden, wŸrde
ihnen in HŸlle und FŸlle gegeben, aber sie wŸrden dann der Ehre verlustig, des
Propheten Frau zu sein. Ist dies die Antwort eines den Sinnen verfallenen
Mannes? Ein solcher hŠtte alles getan, den Launen der Objekte seiner Zuneigung
entgegenzukommen. In der Tat hŠtte er selbst gewollt, dass seine Frauen die
schšnsten Kleider trŸgen und in Luxus leben sollten. Es besteht kein Zweifel
daran, dass der Prophet seine Frauen sehr liebte. Er hatte hohe Achtung vor den
Rechten der Frauen und war ein Verfechter ihrer Sache. Aber als seine Frauen zu
ihm kamen mit dem scheinbar všllig legitimen Verlangen, mehr Prunk und Schmuck
zu besitzen, sagte er ihnen kŸhl, dass, wenn sie danach begehrten, sie nicht
geeignet seien, im Haus des Propheten zu leben. Dies zeigt jenseits allen Zweifels,
wie frei der Geist des Propheten von allen niedrigen und sinnlichen Gedanken
war. Er war bereit, sich eher von seinen Frauen scheiden zu lassen als dem
nachzugeben, was er fŸr seine Frauen als unwŸrdig betrachtete – eine
Neigung zu weltlichen Dingen. Es zeigt eindeutig, dass der Beweggrund fŸr seine
Heirat alles andere als Genusssucht war.
Werfen wir abermals einen Blick auf die
historischen Fakten, die den Propheten dazu fŸhrten, mehrere Frauen innerhalb
der kurzen Zeit von fŸnf Jahren zu nehmen, vom dritten zum siebten Jahr nach
der Flucht, wŠhrend er davor fast drei§ig Jahre seines Lebens monogam verbracht
hatte. Dieser Lebensabschnitt Ÿberschneidet sich mit der Zeit, wŠhrend der
unablŠssige Krieg zwischen den Muslimen und Nicht-Muslimen gefŸhrt wurde. Der
Kreis der muslimischen Bruderschaft war zu dieser Zeit sehr eng. Der permanente
Kriegszustand erzeugte ein Ungleichgewicht zwischen dem mŠnnlichen und
weiblichen Teil der Bevšlkerung. Die Witwen der im Krieg gefallenen Soldaten
mussten versorgt werden. Aber Brot und Butter waren nicht das Einzige, das
bereitgestellt werden musste. Der Geschlechtstrieb ist Teil der menschlichen
Natur und der Staatsmann, der dem nicht Rechnung trŠgt, fŸhrt die Gesellschaft
in den moralischen Verfall, was letztendlich zum Ruin der ganzen Nation fŸhrt.
Ein Reformer, dem die Moral Ÿber alles am Herzen lag, konnte sich nicht mit der
materiellen Versorgung der Witwen zufriedengeben. Der Prophet war um ihre
Keuschheit weit mehr besorgt als um ihre materiellen BedŸrfnisse. Deshalb wurde
es nštig, Polygamie zu erlauben. Dies ist der Grund, warum er selbst mehrere
Frauen wŠhrend der Kriegszeit zu sich nahm. Fast alle seine Frauen waren
Witwen. Wenn Genusssucht das Motiv gewesen wŠre, hŠtte er sich nicht fŸr Witwen
entschieden. Es wŠre fŸr jeden Muslim ein beneidenswertes Privileg gewesen, der
Schwiegervater des Propheten zu sein. Das Motiv war ein edles – Schutz
der Witwen seiner Freunde. Allein in der Polygamie lag die Sicherheit der
muslimischen Gesellschaft.
Wir kommen jetzt zum vierten Abschnitt.
Mit der Eroberung Mekkas im achten Jahr nach der Flucht nahm der interne Zwist
praktisch ein Ende. Es gab zwar noch einige Unruhen, aber der Friede war im
Gro§en und Ganzen im Land hergestellt worden, und es herrschten langsam wieder
normale Bedingungen. Vom achten Jahr nach der Flucht bis zu seinem Lebensende
hat der Prophet keine neuen Ehen geschlossen. Was spricht fŸr diese Tatsachen?
Der Prophet nahm neue Frauen nur wŠhrend der Kriegszeit, als die Zahl der
MŠnner abnahm, und viele Frauen ohne Schutz und ohne Heim gewesen wŠren, wenn
das Problem nicht durch die Erlaubnis zur Polygamie gelšst worden wŠre. Bevor
der Prophet einen Verteidigungskrieg fŸhren musste, lebte er mit einer einzigen
Frau zusammen, und als der Krieg zu Ende war, schloss er keine neue Ehe mehr.
Dies beseitigt alle Zweifel hinsichtlich der Motive des Propheten. In allen Ehen,
die er wŠhrend des Krieges schloss, gab es tieferliegende moralische GrŸnde. Es
gab Situationen in seinem Leben, in welchen er in Anbetracht der moralischen
und religišsen Mission seines Lebens nicht umhin konnte, mehr als eine Frau zu
nehmen. Darin zeigte er nur MitgefŸhl mit dem schwachen Geschlecht.
In einem Land, in dem Polygamie die Regel
war, war der Prophet eher ein monogamer Mensch. Er verbrachte die besten
Mannesjahre seines Lebens bis zum Alter von vierundfŸnfzig als Ehemann einer
einzigen Frau und demonstrierte so, dass die Verbindung von einem Mann und
einer Frau unter normalen UmstŠnden die Regel war. Aber als unnormale ZustŠnde
auftraten, entzog er sich nicht aus sentimentalen GrŸnden seiner Pflicht. Er
erkannte, dass die Keuschheit der Frau auf dem Spiel stand, wenn die Polygamie
nicht erlaubt wŸrde, und im hšheren Interesse gestattete er die Polygamie als
Ausnahme unter besonderen UmstŠnden. Und aus denselben GrŸnden war er
gezwungen, Krieg zu fŸhren, obwohl er von seiner Veranlagung her dagegen war. Vierzig
Jahre lang vor seiner Berufung hatte er in einem Land gelebt, wo das Schwert
genauso selbstverstŠndlich gehandhabt wurde wie anderswo ein Stock, wo Kampf
und Fehde an der Tagesordnung waren, wo MŠnner sich wie wilde Tiere gegenseitig
an die Gurgel sprangen, und wo keiner Ÿberleben konnte, der sich nicht auf die
Schwertkunst verstand. Jedoch hat er nicht ein einziges Mal in diesen vierzig
Jahren einem Feind einen Schlag versetzt. Das traf auch vierzehn Jahre lang
nach der Berufung auf ihn zu.
Dass er von Natur aus den Frieden liebte,
wird deutlich aus den klaren Geboten im Heiligen Koran, die sich auf den
Frieden beziehen: ÒUnd wenn sie zum Frieden neigen, dann neige auch du dazu,
und vertraue auf Allah. Gewiss ist Er der Hšrende, der Wissende. Und wenn sie
vorhaben, dich zu betrŸgen, dann reicht dir Allah gewiss.Ó [8:61, 62]
Ein weiterer Beweis der friedliebenden
Natur des Propheten ist die Annahme des Waffenstillstands bei Hudaibiya, obwohl
die Bedingungen fŸr die Muslime, die eher bereit waren zu sterben als diese
Bedingungen anzunehmen, erniedrigend waren. Aber als die Pflicht ihn rief, ins
Feld zu ziehen, um seine Gemeinde zu retten, zšgerte er nicht, das Schwert
gegen eine ŸberwŠltigende †bermacht zu fŸhren. Er handelte wie ein scharfsinniger
General in allen Schlachten und benahm sich wie ein tapferer Soldat, wenn die
Situation es erforderte. Er wusste, wie man den Feind rechtzeitig
auseinandertreibt, bevor er stark genug wurde, den Muslimen einen ernsthaften
Schlag zu versetzen. Und einmal, in der Schlacht von Hunain, als seine Armee infolge
des mŠchtigen Ansturms der feindlichen BogenschŸtzen auf der Flucht war,
nŠherte er sich ganz allein dem feindlichen Heer, bis sich seine Soldaten um
ihn scharrten. Von Natur aus war er nicht kampfmutig. Die UmstŠnde jedoch zogen
ihn ins Schlachtfeld, wo er dann die Weisheit eines Generals an den Tag legte
und die Tapferkeit eines Soldaten. Obwohl er von Natur aus nicht zur Polygamie
geneigt war, bis zum fŸnfundzwanzigsten Lebensjahr ein Junggesellenleben von
beispielloser Unbescholtenheit fŸhrte, und bis zum vierundfŸnfzigsten
Lebensjahr in monogamer Ehe lebte, antwortete er der Stimme der Pflicht, als
sie ihm eingab, mehr Frauen unter seinen Schutz zu nehmen.
Kurz wie diese Abhandlung Ÿber das Leben
des Propheten ist, so wŠre sie jedoch unvollstŠndig, ohne ein paar Worte
hinsichtlich seiner Moral und seiner Ethik zu sagen. Als seine Frau Aischa, die
am weitgehendsten in seine Geheimnisse eingeweiht war, Ÿber seine ethischen
GrundsŠtze befragt wurde, gab sie zur Antwort: ÒSeine Ethik ist der Koran.Ó Mit
anderen Worten: Er war eins mit der hšchsten Sittenlehre, die im Heiligen Koran
dargestellt wird.
Schlichtheit und Wahrhaftigkeit sind die
Haupteigenschaften des Charakters des Propheten. Er pflegte alles Mšgliche mit
den eigenen HŠnden zu erledigen. Er pflegte Ziegen zu melken, seine Kleider zu
flicken und seine Schuhe zu reparieren. EigenhŠndig sŠuberte er das Haus von
Staub und er pflegte sein Kamel selbst anzubinden und zu hŸten. Keine Arbeit
war ihm zu niedrig. Er arbeitete wie ein Tagelšhner bei der Errichtung der
Moschee und beim Ausheben des Grabens um Medina herum. Er tŠtigte EinkŠufe
nicht nur fŸr seinen eigenen Haushalt persšnlich, sondern fŸr die Nachbarn oder
hilflose Frauen. Er verachtete niemals irgendeine Arbeit, wie niedrig sie auch
sein mochte, ungeachtet der WŸrde der Position eines Propheten und Kšnigs.
Durch sein persšnliches Beispiel demonstrierte er, dass der Beruf des Menschen
nicht wirklich seine Grš§e oder Niedrigkeit bestimmt.
Sein Schalten und Walten war von
schlichter Einfachheit geprŠgt. Er mochte es nicht, dass seine Begleiter sich
zu BegrŸ§ung fŸr ihn erhoben. Einmal verbot er es ihnen, indem er sagte: ÒSteht
nicht fŸr mich auf, wie es diejenigen tun, die keine Araber sindÓ, und fŸgte
hinzu, dass er eine bescheidene Kreatur Gottes sei, die esse, wie andere essen
und sitze wie andere sitzen. Als ein gewisser Mann seine Hand kŸssen wollte,
zog er sie zurŸck mit den Worten, dass dies die Sitte der Nicht-Araber
gegenŸber ihren Kšnigen sei. Selbst wenn ein Sklave ihm eine Einladung
schickte, nahm er diese an. Er pflegte seine Mahlzeiten in der Gesellschaft
aller Klassen von Menschen einzunehmen, selbst von Sklaven. Wenn er unter
Menschen sa§, hob ihn nichts aus der Menge hervor.
Der Prophet liebte seine Freunde sehr.
Wenn er ihnen die HŠnde schŸttelte, zog er seine Hand nie als Erster zurŸck. Er
begegnete jedem mit einem LŠcheln. In einem Bericht Jarir Ibn ÔAbdullahs hei§t
es, dass er den Propheten niemals ohne ein LŠcheln auf den Lippen gesehen habe.
Er sprach frei und ohne jegliche kŸnstliche Distanz,ohne sich den Anschein von
†berlegenheit zu geben. Er pflegte kleine Kinder auf den Arm zu heben und auf
den Scho§ zu nehmen. Verleumdungen waren ihm zuwider und er verbot seinen
Besuchern, schlecht Ÿber irgendeinen seiner Freunde zu reden. Er pflegte, seine
Freunde stets als Erster zu grŸ§en und ihre HŠnde zu schŸtteln.
Die Gro§zŸgigkeit des Propheten gegenŸber
selbst seinen Feinden ist als einzigartig in die GeschichtsbŸcher eingegangen.
Abdullah Ibn Ubayy, das Oberhaupt der ÒHeuchlerÓ, war ein Todfeind des Islam,
und er verbrachte seine Tage und NŠchte damit, Unheil gegen die Muslime zu
planen. Bei seinem Tod betete der Prophet jedoch zu Gott, ihm zu vergeben, und
gab selbst das eigene Hemd, um seinen Kšrper einzuhŸllen. Den Mekkanern, die
ihn und seine Freunde die ganze Zeit den barbarischsten Folterungen ausgesetzt
hatten, wurde nicht nur eine Generalamnestie angeboten, man lie§ sie sogar ohne
RŸge gehen. Zwanzig Jahre Verfolgung und Krieg waren absolut vergeben und
vergessen. ÒDie Gro§zŸgigkeit, mit der Mohammed ein Volk behandelte, das ihn so
lange gehasst und abgelehnt hatte, ist aller Bewunderung wertÓ, sagt Muir.
Tatsache ist, dass es in der Geschichte kein anderes Beispiel fŸr solch
edelmŸtiges Vergeben gegenŸber so hartnŠckigen Feinden gibt, die unschuldiges
Blut vergossen haben, die kein Mitleid fŸr hilflose Menschen zeigten, Frauen
und Kinder inbegriffen, die alles darangesetzt hatten, den Propheten zu tšten,
und die Muslime zu vernichten. Die Kriegsgefangenen wurden fast immer
freigelassen, sogar ohne Lšsegeld. Nur im Fall der Gefangenen von Badr wurde
ein Lšsegeld verlangt. Danach wurden Hunderte von Gefangenen bei einer Schlacht
freigelassen und im Kampf mit den Hawazin sogar sechstausend ohne jegliches
Lšsegeld. In der Schlacht von Uhud, als er verwundet wurde und niederfiel,
forderte ihn ein Kamerad auf, seine Verfolger zu verfluchen. Seine Antwort war:
ÒIch bin nicht gesandt worden, um zu verfluchen, sondern als Anstifter zum
Guten und zur Gnade. O Gott! Leite mein Volk, denn sie sind unwissend.Ó Einst
zog ein Beduine ihn vom Kamel und warf seinen Umhang um seinen Hals. Als er
diesen fragte, warum man ihm dies nicht mit gleichen Waffen heimzahlen sollte,
brachte der bittend hervor, dass er (der Prophet) niemals Schlechtes mit
Schlechtem vergelte.
In der Rechtsverwaltung war der Prophet
vollkommen unparteiisch. Muslime und Nicht-Muslime, Freund und Feind, waren
alle gleich in seinen Augen. Selbst vor der Berufung waren seine
Unparteilichkeit, seine Aufrichtigkeit und Unbescholtenheit allseits bekannt,
und die Leute pflegten, ihm ihre StreitfŠlle zur Schlichtung vorzutragen. In
Medina akzeptierten ihn sowohl Juden als auch Gštzenanbeter als Richter in
ihren Auseinandersetzungen. Ungeachtet des tief verwurzelten Grolls der Juden
gegen den Islam, entschied er zugunsten des Juden, als man ihm einen
Gerichtsfall zwischen einem Juden und einem Muslim prŠsentierte, ohne RŸcksicht
auf die Tatsache, dass der Muslim, vielleicht sogar sein ganzer Stamm, dadurch
zu Gegnern werden kšnnten. In seinem Umgang mit den Šrgsten Feinden blieb er
dem Gebot des Korans stets treu, das besagt; ÒLasst nicht den Hass auf ein Volk
euch dazu bewegen, ungerecht zu handeln; seid gerecht, das ist der ErfŸllung
der Pflicht nŠher.Ó [5:8] Auf seinem Totenbett, kurz bevor er die Augen
schloss, lie§ er šffentlich verkŸnden: ÒFalls ich jemandem etwas schulde, so
soll er es einklagen; falls ich jemanden beleidigt habe, so soll er seine Rache
haben.Ó
Im Umgang mit anderen stellte er sich
niemals auf ein hšheres Podest. Als er Kšnig von Medina war, kam ein Jude, dem
er etwas Geld schuldete, zu ihm und begann ihn zu beschimpfen. Umar war wŸtend,
aber der Prophet tadelte ihn und sagte: ÒEs wŠre fŸr dich schicklich gewesen,
mit uns beiden streng ins Gericht zu gehen – mich, den Schuldner,
aufzufordern, die Schulden dankbar zurŸckzuzahlen, und ihn, den GlŠubiger, sie
in einem freundlicheren Ton einzutreiben.Ó Und er bezahlte dem Juden mehr, als
er ihm schuldete. Ein anderes Mal, als er sich mit seinen Freunden im Wald
befand, kam die Zeit der Essenszubereitung. Jedem wurde eine bestimmte Arbeit
zugeteilt, ihm selbst, Brennholz zu sammeln. Obwohl er das geistliche und
irdische Oberhaupt war, pflegte er seinen Arbeitsanteil wie jeder andere zu
verrichten. Im Umgang mit seinen Dienern beachtete er dasselbe
Gleichheitsprinzip. In einem Bericht Anas wird bezeugt, dass er wŠhrend der
zehn Jahre, in denen er im Dienst des Propheten in Medina war, wo dieser
schlie§lich Herrscher Ÿber ganz Arabien wurde, nicht ein einziges Mal von ihm getadelt
wurde. Er hielt niemanden in Sklaverei. Sobald er einen Sklaven erhielt, setzt
er ihn frei.
Im Hinblick auf NŠchstenliebe kam keiner
dem Propheten gleich. Er wies einen Bettler nie zurŸck. Er pflegte den
Hungrigen Essen zu geben, sogar, wenn er dann selbst ohne Essen auskommen
musste. Er behielt niemals Geld in seinem Besitz. Auf dem Totenbett sandte er
nach allem, was im Haus war, und verteilte es unter die Armen. Selbst fŸr die
nicht denkenden Geschšpfe Gottes floss sein Herz vor MitgefŸhl Ÿber. Er sprach
von jemandem, der Wasser aus dem Brunnen zog, um den Durst eines Hundes zu
lšschen, als hŠtte dieser mit diesem Akt der Tierliebe das Paradies verdient. Er
sagte von einer verstorbenen Frau, dass sie bestraft werde, weil sie ihre Katze
anzubinden pflegte und ihr nicht zu fressen gab. Von klein auf hatte er ein
tiefes MitgefŸhl fŸr Witwen und Waisen, fŸr die Armen und Hilflosen. Er stand
immer den UnterdrŸckten bei. Er verteidigte die Rechte der Frauen gegen die der
MŠnner, die der Sklaven gegen die ihrer Herren, die der Beherrschten gegen die
der Herrschenden und die der Untertanen gegen die des Kšnigs. Negersklaven
nahmen die gleiche Ehrenposition ein wie die AnfŸhrer der Kuraisch. Er war der
Verteidiger der UnterdrŸckten und †bervorteilten. Er liebte Kinder sehr, und im
VorŸbergehen pflegte er denen, die er auf dem Weg traf, Ÿber den Kopf zu
streicheln. Er versŠumte es nie, die Kranken zu besuchen, sich nach ihrer
Gesundheit zu erkundigen und sie zu tršsten. Und er nahm an Beerdigungen teil.
Bescheiden und demŸtig wie er war, kam er
an Mut den Tapfersten gleich. Er fŸrchtete sich niemals nur einen Moment vor
den Feinden. Selbst als in Mekka PlŠne geschmiedet wurden, ihn umzubringen,
bewegte er sich furchtlos Tag und Nacht durch die Stadt. Er riet allen
Freunden, Mekka zu verlassen und blieb fast ganz allein unter den erbosten Feinden.
Selbst als die Verfolger sich der …ffnung der Hšhle, in der er sich versteckt
hatte, nŠherten, konnte er seinen Kameraden doch noch tršsten mit den Worten: ÒAllah
ist mit uns.Ó Auf dem Feld bei Uhud, als seine ganze Armee in die Falle lief,
lenkte er laut aufrufend, ohne an die Gefahr fŸr sich selbst zu denken, die
Aufmerksamkeit auf sich, um seine verwirrten Soldaten zu sammeln. In der
Schlacht von Hunain, als die muslimischen Soldaten scharenweise flohen, nŠherte
er sich ÒIch bin der ProphetÓ rufend dem Feind. Als eines Nachts ein †berfall
befŸrchtet wurde, war er der Erste, der die unmittelbare Umgebung Medinas auf
einem ungesattelten Pferd auskundschaftete. Auf einer Reise, als er sich allein
unter einem Baum niedergelassen hatte, nŠherte sich ihm ein Feind und rief mit
gezogenem Schwert: ÒWer kann dich nun vor meinen HŠnden retten?Ó Der Prophet
antwortete ruhig: ÒAllah.Ó Und im nŠchsten Moment war das Schwert in den HŠnden
des Propheten, der seinem Feind dieselbe Frage stellte, woraufhin dieser einen
Ton Šu§erster Demut annahm und der Prophet ihn gehen lie§.
Des Propheten Unbescholtenheit und
Aufrichtigkeit waren in ganz Arabien berŸhmt. Seine Šrgsten Feinde mussten
zugeben, dass er niemals gelogen hatte. Wenn er einmal sein Wort gegeben hatte,
hielt er es unter den schwierigsten UmstŠnden und bisweilen zu einem hohen
Preis. Er beachtete den Friedensvertrag von Hudaibiya gewissenhaft, obwohl er
den Muslimen, die vor den Verfolgungen der Mekkaner flohen, das Obdach
verweigern musste. Seine Biographen stimmen alle Ÿberein in der Bewunderung
seiner unerschŸtterlichen SeelenstŠrke und unwandelbaren Standhaftigkeit.
Verzweiflung und Mutlosigkeit waren ihm fremd. Obwohl seine Aussichten
hoffnungslos schienen, und er auf allen Seiten von schonungslosen Gegnern
umgeben war, lie§ sich sein Glaube an den endgŸltigen Triumph der Wahrheit
keinen einzigen Augenblick lang erschŸttern.
[1] Bosworth Smith
[2] Bukhari, 1:1
[3] Der Heilige Koran, 9:128; 18:6, 26:3; 35:8
[4] Bukhari, 1:4
[5] Sir William Muir
[6] Sir William Muir
[7] Sir William Muir
[8] Sir William Muir
[9] Sir William Muir
[10] The Life of Mohammad von Count of
Boulainvilliers
[11] Ins and Outs of Mespot
[12] New Researches von Hierschfeld
[13] Bosworth Smith
[14] Encyclopaedia Britannica, 11. Auflage, Art.
ÒKoran"
[15] Es herrschte ein gro§es
MissverstŠndnis hinsichtlich des Alters, in dem Aischa vom Propheten geheiratet
wurde. Ibn Sad bemerkte in der in der Tabaquat,
dass als der Heilige Prophet bei Abu Bakr um ihre Hand anhielt, er entgegnete,
dass das MŠdchen bereits Jubair versprochen war, und dass er die Angelegenheit
er erst mit diesem besprechen mŸsse. Dies zeigt, dass Aischa sich zu diesem
Zeitpunkt der VolljŠhrigkeit genŠhert haben muss. Die Isaba erwŠhnt
hinsichtlich der Tochter des Propheten, Fatima, dass sie fŸnf Jahre vor der
Berufung geboren worden sei und etwa fŸnf Jahre Šlter als Aischa war. Dies
bedeutet, dass Aischa ungefŠhr zehn Jahre alt war, als sie mit dem Propheten
verlobt wurde, und nicht sechs Jahre, wie man allgemein annimmt. Dies wird
ferner untermauert durch die Tatsache, dass von Aischa berichtet wird, sie habe
gesagt, dass sie, als das Kapitel ÒDer MondÓ (54. Sure) offenbart wurde, ein
spielendes MŠdchen gewesen sei und bestimmte Verse auswendig konnte, die damals
offenbart wurden. Die vierundfŸnfzigste Sure aber wurde ohne Zweifel vor dem
sechsten Jahr der Berufung offenbart. All diese ErwŠgungen fŸhren zu der
Schlussfolgerung, dass Aischa nicht weniger als zehn Jahre alt gewesen sein
konnte zur Zeit ihrer nikah, die im
Grunde genommen nur eine Verlobung war. Und es gibt mindestens einen Bericht in
der Tabaquat, dass Aischa neun Jahre
alt war zur Zeit der nikah. Es ist
eine allseits anerkannte Tatsache, dass Aischas nikah im zehnten Jahr der Berufung stattfand, im Monat Schawwal,
wŠhrend zudem auch die Zeugnisse Ÿberwiegen hinsichtlich der Vollziehung der
Ehe im zweiten Jahr nach der Flucht im selben Monat, was bedeutet, dass volle
fŸnf Jahre zwischen der nikah und der
Eheschlie§ung vergangen waren. Folglich herrscht nicht der geringste Zweifel, dass
Aischa zur Zeit der Verlobung mindestens neun oder zehn und zur Zeit der
Eheschlie§ung vierzehn oder fŸnfzehn Jahre alt war.
[16] Bosworth Smith
[17] Bosworth Smith